Verkauf nach 105 Jahren
15.11.2024 Region Bremgarten, Eggenwil«Gmeind» entscheidet über die Veräusserung der Elektra
Vor fünf Jahren feierte die Elektra Eggenwil ihren 100. Geburtstag. Jetzt möchte sie der Gemeinderat für 3,2 Millionen Franken an die AEW Energie AG verkaufen. Darüber ...
«Gmeind» entscheidet über die Veräusserung der Elektra
Vor fünf Jahren feierte die Elektra Eggenwil ihren 100. Geburtstag. Jetzt möchte sie der Gemeinderat für 3,2 Millionen Franken an die AEW Energie AG verkaufen. Darüber entscheiden die Stimmberechtigten an der «Gmeind» am 22. November.
«Nichts tun ist jedenfalls keine Lösung», erklärt der Eggenwiler Gemeindeschreiber Walter Bürgi. «Sollte der Souverän dem Verkauf nicht zustimmen, würde der Gemeinderat in Erfüllung der übergeordneten Vorschriften der kommenden Sommer-Gemeindeversammlung 2025 einen Verpflichtungskredit von 350 000 Franken für die obligatorische Einführung der intelligenten Mess-, Steuer- und Regelsysteme (Smart Meter) beantragen.» Bürgi gibt als Alternative zum Verkauf eine Umwandlung der Elektra Eggenwil in eine selbstständige öffentlichrechtliche Gemeindeanstalt oder Aktiengesellschaft an. Auch vorstellbar seien Beteiligungsrechte an grossen Energieversorgungsunternehmen.
Risiko nicht mehr tragen
Die Gründe für den Verkauf liegen laut Walter Bürgi bei einer Minimierung des Risikos, der Entlastung des Gemeinderats und dem Verzicht darauf, etwas zu betreiben, was nicht zu den Kernkompetenzen einer Gemeinde zählt. «Der internationale Strommarkt ist sehr unberechenbar. Die Herausforderungen einer Elektra steigen immer mehr. Eine AEW Energie AG kann darauf viel besser reagieren», sind der Gemeinderat und er überzeugt. «Die Gemeindebehörde trägt mit der eigenen Elektrizitätsversorgung eine Verantwortung, die sie objektiv und redlich betrachtet je länger, je mehr nicht tragen kann – auch nicht mit extern teuer eingekauftem Fachwissen», hält Bürgi fest.
Als Nachteil des Verkaufs sieht er einen gewissen Verlust der Gemeindeautonomie. Wobei diese ohnehin im stark regulierten Strommarkt klein sei. «Allerdings kann das Gemeindewerk bereits heute nur noch mit umfassender und teurer externer Fachunterstützung durch Elektroingenieure selbst geführt werden», so der Gemeindeschreiber.
Für den Verkauf fragte der Gemeinderat verschiedene mögliche Interessierte an. Die AEW Energie AG bot darauf den höchsten Betrag. «Die AEW Energie AG hat als grösste Netzbetreiberin im Kanton Aargau ein starkes Interesse am Erwerb der Elektrizitätsversorgung Eggenwil. Die AEW Energie AG hat nicht nur das mit Abstand vorteilhafteste Angebot unterbreitet, sondern stellt klar auch die Wunschkäuferin des Gemeinderats dar», so Bürgi.
Die Kunden würden durch den Verkauf von günstigeren Anschluss- und Netzkostenbeiträgen profitieren. Diese lägen tiefer als diejenigen der Elektra Eggenwil.
Überzeugung und Wehmut
Seit Mai 2023 befasst sich der Gemeinderat intensiv mit dem Verkauf. «Er hat sich diesen Entscheid alles andere als einfach gemacht», betont Bürgi. «Die Veräusserung der über 100-jährigen Elektra geht auch bei der Gemeindebehörde mit einer gewissen Wehmut einher. Hingegen ist der Gemeinderat nach der sehr sorgfältigen Abwägung aller Vor- und Nachteile in Übereinstimmung mit der Finanzkommission davon überzeugt, dass durch den Verkauf eine langfristig hohe Stabilität und Resilienz bezüglich der Eggenwiler Stromversorgung gewährleistet werden kann.»
Falls der Verkauf abgelehnt wird, rechnet der Gemeinderat bis Ende 2025 mit einer Nettoschuld der Gemeinde von 4,6 Millionen Franken. «Bei einem Verkauf sinkt dagegen die Pro-Kopf-Verschuldung von 4340 auf 1000 Franken. Damit könnten wir 30 000 Franken Schuldzinsen sparen», weiss der Gemeindeschreiber.
Steuerfuss müsste eigentlich 5 Prozent höher sein
Im Budget 2025 rechnet der Gemeinderat mit einem Aufwandüberschuss von rund 160 000 Franken. Trotzdem möchte er den Steuerfuss von heute 106 Prozent nicht erhöhen. «Basierend auf dem Budget 2025 müsste der Steuerfuss theoretisch um 5 Prozentpunkte angehoben werden, um eine schwarze Null zu erzielen», weiss Walter Bürgi. Er gibt zu bedenken: «In der aktuellen Aufgaben- und Finanzplanung 2025 bis 2032 ist ab 2027 bis zum Ende der Planperiode ein um 3 Prozentpunkte erhöhter Steuerfuss von 109 Prozent vorgesehen.» --rwi
Die Traktanden
Die Gemeindeversammlung tagt am Freitag, 22. November, 19.30 Uhr, in der Mehrzweckhalle und befindet über folgende Geschäfte: 1. Protokoll vom 14. Juni. – 2. Überarbeitetes Projekt «Sanierung und Erweiterung Alterszentrum Bärenmatt in Bremgarten» mit Ermächtigung des Gemeindeverbands Regionale Alterszentren Bremgarten, Mutschellen, Kelleramt zur Investitionsausgabe von 38 Millionen Franken. – 3. Verkauf der Elektrizitätsversorgung (Elektra) Eggenwil (exklusive öffentliche Strassenbeleuchtung) an die AEW Energie AG per 1. Januar 2025; Verkauf der Infrastruktur der Elektra Eggenwil an die AEW Energie AG zum Pauschalpreis von 3,2 Millionen Franken mit Genehmigung des Übernahme- und Kaufvertrags; Konzessionsvertrag samt Festlegung der Konzessionsabgabe zugunsten der Einwohnergemeinde Eggenwil zur Abgeltung der Sondernutzung von öffentlichem Grund und Boden für die Erstellung und den Betrieb von Verteilanlagen für die Versorgung der Gemeinde Eggenwil mit elektrischer Energie auf 0.90 Rappen/ kWh; Aufhebung des Reglements der Elektrizitätsversorgung Eggenwil vom 22. November 2019 per 31. Dezember 2024; Ermächtigung des Gemeinderats zu sämtlichen Rechtshandlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Elektra Eggenwil. – 4. Budget 2025 mit einem unveränderten Steuerfuss von 106 Prozent. – 5. Verschiedenes und Umfrage.