Versorgung sicherstellen
21.10.2025 Kelleramt, Unterlunkhofen, ParteienInterpellation von Hannes Tobler, Grüne, Unterlunkhofen
Die psychotherapeutische Versorgung kann nicht mit der Nachfrage mithalten. Nun droht eine weitere Verschärfung. Hannes Tobler, Grossrat der Grünen aus Unterlunkhofen, will Gegensteuer ...
Interpellation von Hannes Tobler, Grüne, Unterlunkhofen
Die psychotherapeutische Versorgung kann nicht mit der Nachfrage mithalten. Nun droht eine weitere Verschärfung. Hannes Tobler, Grossrat der Grünen aus Unterlunkhofen, will Gegensteuer geben.
Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können nach einer ärztlichen Anordnung über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) selbstständig und auf eigene Rechnung tätig sein. Das hat der Bundesrat 2021 entschieden.
Die Änderung trat am 1. Juli 2022 in Kraft. Bis heute konnten sich die psychologischen Fachverbände und die Versicherer allerdings nicht auf eine gesamtschweizerische Tarifstruktur einigen. Damit die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten trotzdem tätig werden können, hat der Kanton einen provisorischen Tarif von Fr. 2.58 pro Minute festgesetzt.
Monatelange Wartefristen dürfen nicht sein
Die Krankenkassen halten diesen Minutentarif offenbar für zu hoch. Und nicht nur das: Sie üben während der Tarifverhandlungen zusätzlichen Druck aus, indem sie mögliche Rückzahlungsforderungen an die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Aussicht stellen. Das könnte im schlimmsten Fall zur Schliessung von Praxen führen. «Tarifkürzungen in der psychotherapeutischen Versorgung gefährden sowohl die Qualität als auch den Zugang zu Therapieplätzen und damit das aargauische Gesundheitssystem insgesamt», rügt Hannes Tobler, Kantonsrat der Grünen aus Unterlunkhofen. Besonders die Therapieplatzsuche für Kinder und Jugendliche gestalte sich schwierig: «Sie warten monatelang auf die notwendige Behandlung. Die Ambulatorien sind ausgelastet und die niedergelassenen Psychotherapeutinnen und -therapeuten haben oft einen Aufnahmestopp aufgrund der Flut an Neuanmeldungen.» Dass psychische Krisen erst dann behandelt werden, wenn sie eine akute Gefahr für Leben und Gesundheit darstellen und stationäre Krisenintervention erfordern, sei untragbar, findet Tobler.
Für attraktivere Bedingungen sorgen
Aufgrund der hohen finanziellen Belastung durch Ausbildung und Fortbildung sowie der niedrigen Vergütung im Vergleich zu den hohen bürokratischen Auflagen bestehe die Gefahr, dass Psychologinnen und Psychologen die teure Weiterbildung zur Psychotherapeutin oder zum Psychotherapeuten zukünftig nicht mehr attraktiv finden, warnt Tobler weiter. «Im schlimmsten Fall, wenn sie nicht mehr über die Krankenkassen abrechnen können oder wollen, besteht auch die Gefahr, dass gut ausgebildete Personen sich umorientieren und sich der Fachkräftemangel akzentuiert.» In diesem Zusammenhang fordert Hannes Tobler den Regierungsrat auf, eine ganze Reihe von Fragen zu beantworten, etwa zur Versorgungslage im Bereich der psychologischen Psychotherapie im Kanton Aargau, differenziert nach Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren, zur Anzahl Therapieplätze pro Einwohner oder Einwohnerin, zu den Faktoren, welche dem provisorischen Tarif von Fr. 2.58 pro Minute zugrunde liegen. Zudem verlangt er den hohen bürokratischen Aufwand für praktizierende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu reduzieren.
Zweiklassenentwicklung entgegenwirken
«Welche Auswirkungen erwartet der Regierungsrat durch eine allfällige Tarifsenkung auf die psychotherapeutische Versorgung im Aargau, insbesondere die Versorgung von Kindern und Jugendlichen?», so eine weitere Frage. Und: Welche Massnahmen habe der Regierungsrat bereits ergriffen, um die Attraktivität der Tätigkeit zu stärken, mit welchen Auswirkungen?
Zudem will Tobler wissen, welche Massnahmen der Regierungsrat plane, um im Falle einer Tarifkürzung die ambulanten psychotherapeutischen Versorgung zu gewährleisten und einer Zweiklassenentwicklung entgegenzuwirken – insbesondere falls Rückzahlungsforderungen von den Krankenkassen auf die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zukommen sollten. --tst