Vertrauen schamlos ausgenutzt

  25.09.2020 Kelleramt

Bezirksgericht Bremgarten verurteilt ehemaligen Joner Schulhausabwart

18 Monate Freiheitsstrafe unbedingt, eine ambulante Massnahme und ein Verbot für 10 Jahre mit Kindern zusammenzuarbeiten, erhält der ehemalige Schulhausabwart von Jonen. Er hatte in Mädchengarderoben versteckt Videoaufnahmen gemacht und Kinderpornografie im Internet konsumiert und weitergeleitet.

Roger Wetli

Das Bezirksgericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte war während der Gerichtsverhandlung mit dem vorgeschlagenen Strafmass grundsätzlich einverstanden. Einziger Streitpunkt war die Frage, ob die beantragte unbedingte Freiheitsstrafe in eine bedingte umgewandelt werden sollte. «Eine unbedingte Freiheitsstrafe mit einer Bewährungsfrist von vier Jahren schützt den Angeklagten besser vor einem Rückfall als eine bedingte», votierte der Verteidiger. «Die Gesellschaft braucht stabile ehemalige Straftäter.»

Zahlreiche Filmsequenzen

Dem Angeklagten wurden zwei Vergehen vorgeworfen. Zwischen August 2015 und Ende Juni 2016 hatte er Kameras in zwei verschiedenen Mädchengarderoben des Schulhauses Pilatus und der Mehrzweckhalle in Jonen installiert. «Ist es korrekt, dass sie das gemacht haben?», wollte die Gerichtspräsidentin wissen. «Ja», antwortete der Angeklagte: «Ich wollte damit erfahren, wer mir in diesen Räumen ‹leidwerkt›.» Wieso er diese Videos dann nach der Sichtung nicht wieder gelöscht habe? «Das habe ich vergessen. Wenn es mir um was anderes gegangen wäre, hätte ich andere Blickwinkel filmen können.» Dem Angeklagten gelangen damit zahlreiche Filmsequenzen. Die Genitalbereiche der Mädchen waren dabei immer bedeckt. «Wieso haben sie nach einem Jahr wieder aufgehört?», hakte die Gerichtspräsidentin weiter nach. «Die Vandalenakte hörten auf, weshalb diese Massnahmen nicht mehr notwendig gewesen sind.»

Der Staatsanwaltschaft kam diese Begründung komisch vor. «Wir erachten das als reine Schutzbehauptung. Denn wenn der Angeklagte gefilmt hätte, um Vandalenakte zu verhindern, hätte er die Schulleitung informiert und die Videos nach der Sichtung wieder gelöscht. Beides ist nicht geschehen.»

Der zweite Anklagepunkt beinhaltet mehrfache Pornografie. Der ehemalige Joner Schulhausabwart hatte ab Dezember 2016 zwei Jahre lang zu Hause und am Arbeitsplatz Videos im Internet gesucht, gesammelt und anderen zur Verfügung gestellt, welche hauptsächlich kinder- und tierpornografische Aufnahmen und Darstellungen zeigen. Nachgewiesen können dem Angeklagten mindestens 1400 Videoaufnahmen und 6800 Bilder mit Kinderpornografie und 17 Aufnahmen mit Tierpornografie.

«Ich hatte damals eine sehr komische Zeit», erklärte sich der Angeklagte. «Es hat mir nichts mehr Spass gemacht. Kam ich nach Hause, bin ich nur noch vor den Computer gehockt.» Er habe sich die Filme aus «Gwunder» angesehen. Warum er sie gespeichert habe, wisse er heute nicht mehr. Seit 2018 sei er nur noch auf Datingplattformen gewesen. Kinderpornos würden ihn nicht mehr interessieren.

Die Staatsanwaltschaft glaubte ihm das Argument mit dem «Gwunder» nicht. Gerade das Weiterleiten dieser Filme habe damit nichts zu tun. Der Angeklagte sei bereits 2004 unter anderem wegen Besitz von Kinderpornografie verurteilt worden. «Er wusste also, dass der Staat ein Auge darauf hat. Der Täter soll die Härte des Gesetzes spüren.»

Angeklagter zeigt Reue

Die Verteidigung hielt dem dagegen, dass der Angeklagte nicht nur geständig sei, sondern auch über ein stabiles Umfeld verfüge. «Sein Chef ist informiert und gibt ihm eine Chance als Allrounder.» Er habe nach der Kündigung in Jonen schnell wieder eine Anstellung gefunden, lebe allein und würde oft laufen gehen, erklärte der Angeklagte. «Ich finde das vorgeschlagene Strafmass hart. Aber Strafe muss sein. Ich möchte auch nicht mehr mit Kindern zusammenarbeiten, weshalb ich das Verbot, mit Kindern zu arbeiten, begrüsse.» Dass die beschlagnahmten Beweisgüter vernichtet werden sollen, nahm er wohlwollend zur Kenntnis. Damit könne er zumindest symbolisch diese Vergangenheit vernichten. «Ich möchte mich bei allen entschuldigen.»

Wichtig für die Opfer

18 Monate lang muss der Angeklagte nun ins Gefängnis. Das Bezirksgericht zweifelte bei der Sammlung von Kinderpornograf ie am reinen «Gwunder», da die gesammelte Datenmenge doch sehr gross sei. Auch an die Version, mit dem Filmen in den Mädchenkabinen Vandalenakte zu verhindern, glaubte das Bezirksgericht nicht. «Nur durch Zufall und Glück ist auf den Videos von den Mädchen nicht zu viel zu sehen. Sie konnten diese zudem nur aufgrund Ihrer Anstellung und das in Sie gesteckte Vertrauen filmen. Letzteres haben Sie schamlos ausgenutzt.»

Deshalb sei eine unbedingte Freiheitsstrafe angemessen. Aufgrund des psychologischen Gutachtens sei ein Rückfall nicht ausgeschlossen, was die Freiheitsstrafe zusätzlich bedinge. «Die ambulante Massnahme wird auch nach den 18 Monaten im Gefängnis weitergeführt. Denn was nachher ist, ist wichtig», so das Bezirksgericht. «Sie werden dann sicher schnell wieder eine Anstellung als Abwart oder Allrounder finden. Es wäre aber gegenüber der Opfer nicht richtig, wenn sie die Strafe nicht spüren würden.»


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