Von wegen Himbeertörtli
05.11.2024 KelleramtDie Freie Bühne Lunkhofen unterhält zum Jubiläum mit «E schlächti Uusred»
Die Freie Bühne Lunkhofen feiert Jubiläum. Den 50. Geburtstag feiert sie standesgemäss mit vielen Lachern, einer autoritären Bäuerin, einer ...
Die Freie Bühne Lunkhofen unterhält zum Jubiläum mit «E schlächti Uusred»
Die Freie Bühne Lunkhofen feiert Jubiläum. Den 50. Geburtstag feiert sie standesgemäss mit vielen Lachern, einer autoritären Bäuerin, einer keifenden Magd, einem Bauern mit Hang zum Alkohol. Und einer jungen Frau – der Schwiegertochter aus Kanada? Oder doch der Affäre des Bauern?
Annemarie Keusch
Seine Augen, wenn er vor der Tür des Gästezimmers steht und vermeiden will, dass seine Frau dieses Zimmer betritt. Oder die Mimik der Frau, die ihren schlafenden Mann neckisch mit den Fransen ihres Schals wecken will und erst dann bemerkt, dass er hofft, sie sei eine andere Frau. Es sind solche Momente, in denen die Mimik mehr erzählt, als Worte es tun können. Und in denen der Gesichtsausdruck für das sorgt, was im Publikum passiert: ganz viele Lacher und spontaner Applaus. Mit «E schlächti Uusred» sorgt die Freie Bühne Unterlunkhofen für ganz viel Unterhaltung – und natürlich für viele Querelen.
Im Zentrum steht der Hof der Familie Rieger. Bäuerin Rosa (Esther Etter) und Bauer Hans (Pius Etterlin) sind längst nicht mehr das glücklichste Paar. Rosa hat die Hosen an, Hans fürchtet bei Fehltritten fast um sein Leben. Etwa, wenn er getrunken hat. Seine Erklärung dazu: «Alkohol ist der grösste Feind der Menschheit. Ich helfe dabei, ihn auszurotten.» So war es auch an jenem Abend, in Gesellschaft von Gemeindeammann Brunner (Philipp Etter). Erinnerungen haben beide nicht mehr, dafür den Ärger ihrer Frauen im Nacken. «Es war der schwarzeste Tag des Herrgotts, als er die Mannsbilder, dieses Ungeziefer, schuf», ist Agnes Brunners (Sybille Grenacher) Kommentar dazu. Hans Rieger versucht zu relativieren: «Wir waren in einer Männerrunde und haben politisiert. Worüber? Über die Fleischpreise.» Als dann aus dem Gästezimmer eine junge Frau (Stephanie Bucher) erscheint, die Hans Rieger mit Himbeertörtli anspricht und von ihm Küsse verlangt, sieht er sein Leben am Ende. «Ich bin zu drei Vierteln tot, wenn sie nicht verschwindet.»
Die reiche Schwiegertochter aus Kanada
Das eine Chaos ist an diesem Tag auf dem Rieger-Hof nicht das Einzige. Denn hoher Besuch hat sich angekündigt. Sohn Toni (Thomas Müller) kehrt aus Kanada zurück und will der Familie seine Frau Bessy (Corinne Zündel) vorstellen. Aus- und Weiterbildungen sind sein Ding, eine Bildungsreise in Kanada bescherte ihm Liebesglück. Auf der Hochzeitsreise besucht er auch den elterlichen Hof. Diesen führt Bruder Marcel (Ramon Etter) mit seinem Vater.
Und er versteht das grosse Aufsehen um den anstehenden Besuch gar nicht. «Eine Irrenanstalt ist direkt ein Sanatorium im Vergleich zu unserem Betrieb.» Ein grosser Dorn in seinem Auge: Alle freuen sich auf die reiche Schwiegertochter, die Beziehung zu seiner Freundin, einer Schauspielerin, ist aber vor allem bei der Mutter verpönt. Sie meint: «Du brauchst eine Frau, die melken kann, und keine, die den Kühen Sketches vorspielt.»
Natürlich sorgt auch das Gekeife zwischen Magd Trudi (Brigitte Etterlin) und Knecht Florian (Werner Etter) für keine Entwirrung der Situation. So versucht Hans seiner Rosa die junge Frau aus dem Gästezimmer als seine neue Schwiegertochter aus Kanada zu verkaufen. Doch dann taucht die richtige Schwiegertochter auf. Es braucht einen zweiten rettenden Engel und ganz viel Hoffnung, dass doch noch alles gut kommt.
Im echten Leben nicht so streng
Ein chaotisches Jubiläum präsentiert die Freie Bühne Lunkhofen auf der Bühne. Mit dabei sind drei Leute, die alle 50 Jahre mitgestaltet und auf der Bühne miterlebt haben: Pius Etterlin, Brigitte Etterlin und Werner Etter. Mit Ramon Etter zeigt aber auch ein neues Gesicht sein schauspielerisches Können. Seit den Sommerferien hat Regisseur Walter Koch das Stück mit dem Ensemble einstudiert. Auch das Bühnenbild hat der Verein selber gezimmert und gemalt.
Applaus und Lacher sind zwei Möglichkeiten für Komplimente. Eine andere kam in der Pause: «Die Frau, die Rosa spielt, hatte letztes Jahr schon eine solche Rolle. Ist sie auch im echten Leben so?» Der Nachbar konnte auflösen: «Nein, ist sie nicht.»
Weitere Aufführungen: Freitag, 8. November, und Samstag, 9. November, jeweils 20 Uhr. Tickets gibt es unter www.freiebuehne.ch.




