Wasser ist das grosse Problem
13.08.2024 MuriKomplexer Betrieb
«Blick hinter die Kulissen» des Spitals Muri
Küche und Technik, Hauswirtschaft und Entsorgung – auch da muss alles passen am Spital Muri. Ein Rundgang vermittelt spannende Einblicke.
...Komplexer Betrieb
«Blick hinter die Kulissen» des Spitals Muri
Küche und Technik, Hauswirtschaft und Entsorgung – auch da muss alles passen am Spital Muri. Ein Rundgang vermittelt spannende Einblicke.
Lange Gänge, in denen an der Decke Kanäle mit unzähligen Kabeln und Röhren hängen. Die Führung mit Emanuel Egger, Leiter Betrieb und Infrastruktur im Spital Muri, durch die Untergeschosse des zehnstöckigen Bauwerks bietet Einblicke, wie sie die Patientinnen und Patienten, Besucherinnen und Besucher nie zu Gesicht bekommen. Etwa die unmittelbar neben dem Personaleingang gelegene Schleuse, durch welche die Mitarbeitenden zum Raum mit ihrer Arbeitskleidung gelangen. Jedes Kleidungsstück ist mit einem Chip versehen. Oder das Zentrallager, in dem sich rund 1500 der 5000 Durchlaufartikel befinden, die im Spital an Lager sind, von Pflastern über Kanülen bis zu Windeln für Neugeborene. Der Lärmpegel steigt, wenn man sich der Entsorgungsrampe nähert: Hier ist die Abfallpresse gerade an ihrer Arbeit. Erklärtes Ziel ist es, auch in diesem Bereich möglichst autark zu werden. --red
Sommerserie: «Ein Blick hinter die Kulissen» des Spitals Muri
Was heisst es, ein Spital zu betreiben, und welche Schwierigkeiten müssen aus dem Weg geräumt werden, damit das «Frontpersonal» seiner Arbeit nachgehen kann? Der Rundgang durch Technik, Hauswirtschaft, Entsorgung und Küche gibt einen spannenden Einblick.
Emanuel Egger ist Bauökonom mit Ausrichtung Spitalbau. Er ist einer der wenigen Schweizer, die diesen Lehrgang an der Universität in Stuttgart abgeschlossen haben, er führt durch das Haus, respektive die Räume im Untergeschoss. Seit rund sieben Jahren arbeitet der Aarauer als Leiter Betrieb und Infrastruktur im Spital Muri. Bevor es losgeht, gibt es eine Schuhkontrolle. «Denn der Weg durch die Gänge und über die Treppen wird sich ziehen», erklärt Egger mit einem Schmunzeln.
Wasser ist der kritische Punkt
Wie wichtig die Technik für einen Betrieb wie das Spital ist, wurde an der im Mai durchgeführten «Black-out-Übung» klar, erläutert Egger. Die erst intern geplante Übung weckte das Interesse von regionalen und kantonalen Vertretern. «Sie galt der Sensibilisierung der Thematik und zeigte eindrücklich, dass das Spital über ein super Notstromsystem verfügt.» Weiter wurde sichtbar, dass der Betrieb für solche Ausnahmesituationen gut aufgestellt ist.
Einzig bei Wasserknappheit oder -mangel wird es schwierig. Die Blackout-Übung vom Frühling hat eindrücklich aufgezeigt: «Das Wasser ist im Notfall unser grösseres Problem», so der Spitalfachmann. Daher ist er nun mit den lokalen Versorgern daran, Lösungen für eine Verbesserung der Wasserzufuhr zu finden.
Drei-Generationen-Gebäude
Im Untergeschoss des zehnstöckigen Gebäudes, mit vier unterirdischen und sechs überirdischen Geschossen, geht es durch lange Gänge, in denen an der Decke Kanäle mit unzähligen Kabeln und Röhren hängen. Gleichzeitig gibt Egger den Hinweis, «die Räume sind zu tief.» Das ursprüngliche Spital stammte aus dem Jahr 1908. Der Bettentrakt wurde in den 1980er-Jahren gebaut. Der «neuste» Flügel stammte aus der Erweiterung von 2012 respektive 2018. Als der Gebäudeflügel in den Achtzigerjahren erbaut wurde, waren weder Kabel und Leitungen noch die Rohrpost in dieser Menge geplant. Sie liegen sauber aufgereiht auf Kabelrinnen, und dies zum Teil zweistöckig.
Wie rasch es mit der Auslastung eines Services gehen kann, erklärt Egger anhand des internen Nachrichtendienstes. Dieser steht heute nicht lange nach seiner Einführung bereits an der Kapazitätsgrenze und wird erweitert werden müssen.
Die Bekleidungsschleuse, ein in sich funktionierendes System
Direkt neben dem Personaleingang befindet sich ein grosszügiger Raum, der durch eine Wand mit zwei gläsernen Durchgängen abgetrennt ist. Mit seinem persönlichen Chip kommt man durch die Schleuse in den restlichen Raum, daneben eine Falttür, durch welche man die «Kammer» wieder verlassen kann. Hier sind alle Kleider, die vom Personal benötigt werden, auf fahrbaren Regalen vorhanden. Ordentlich beschriftet und in genügender Menge. Jedes Kleidungsstück ist mit einem Chip versehen. Aus diesem Chip kann gelesen werden, wo das Kleidungsstück sich befindet, wie oft es gewaschen wurde und wann es Zeit ist, es allenfalls zu ersetzten.
Der persönliche Chip der Mitarbeitenden regelt, welche und wie viele Kleider dem jeweiligen Mitarbeitenden zur Verfügung stehen. Wie viele Kleider aus der «Kammer» mitgenommen werden können.
Im ersten Viertel des Raumes hat es ein System, in das man die schmutzige Wäsche abgeben kann. Hier bucht der Chip dies dann auch wieder aus und ein. Die Wäsche wird in der hauseigenen Wäscherei gewaschen und bereitgestellt.
Der bestorganisierte Raum
Im Zentrallager befinden sich rund 1500 Artikel der 5000 Durchlaufartikel, die im Spital an Lager sind. Dabei hat es OP-Sets, Pflaster, Verbandsstoff, Kanülen und Spritzen sowie Windeln für Neugeborene. Im Jahr werden hier für rund 7 Millionen Franken Waren ein- und ausgelagert. Alles sauber verpackt, korrekt beschriftet, an seinem Platz und jederzeit abrufbereit. Im Zentrallager arbeiten heute vier Personen, welche als versierte Logistiker das Lager als bestorganisierten Raum à jour halten.
Seit Corona und den Lieferschwierigkeiten auf dem Weltmarkt wurde ein «Safety-Stocklager» eingerichtet, dieses befindet sich in den Räumen der GOPS. Dort lagern ebenfalls Waren im Wert von 200 000 Franken. Waren, die eine längere Lieferzeit haben und die notwendig für den Betrieb des Spitals sind. «Als Reserve, wenn der Umschlag im Zentrallager zu gross ist oder der Nachschub wieder einmal auf sich warten lässt.» Der Betriebsleiter erzählt weiter: «Wenn wir früher 10 Stück ans Lager nahmen, so sind es heute 40 Stück eines Artikels. Einfach wegen der Lieferschwierigkeiten auf dem Markt.»
Automation ist im Bereich Lagerung ein Thema, und zwar im OP-Bereich. Für den Operationsbereich hat es ein solches automatisiertes Lager, einen hochmodernen OP-Lift. Dies ist eine Chip-gesteuerte Anlage, die alle nötigen Teile, welche für eine OP benötigt werden, mittels Bedarfsliste und Code automatisiert bereitstellt. Was an Spezialinstrumenten für die OP (Schraubenzieher, Hammer, Sägeblätter, Bohrer und Klammergeräte für den Eingriff) vonnöten ist, kann so am Vorabend vollautomatisch mittels Bestellliste eingelesen und abgerufen werden. Am Tag der Operation wird der gerüstete Rollwagen in den OP-Saal gestossen.
Autark werden ist ein Ziel
Plötzlich wird der Lärmpegel grösser. Beim Öffnen der Tür betritt man die Entsorgungsrampe, die Abfallpresse ist gerade an ihrer Arbeit. «Auch das Volumen der zu vernichtenden sensiblen Daten nimmt zu.»
Hinter der verschlossenen Tür der Entsorgungsrampe befindet sich der Sonderabfall. Hier lagern in blauen Behältern, sauber verschlossen und fein säuberlich beschriftet, verschiedene Chargen Sonderabfall. «Dieser wird genauso verpackt und beschriftet aus den jeweiligen Räumen angeliefert. Hier wird alles protokolliert», erklärt Egger.
Ziel des Betriebsökonomen ist es, den Kehricht auf dem Gelände zu entsorgen. «Was nicht heisst, dass wir den Kehricht verbuddeln wollen.» Sein Ziel ist, eine kleine Verbrennungsanlage zu haben, in der der «Müll» verbrannt und die daraus gewonnene Energie wieder verwendet wird.
Hinter dem Spital, bei der Anlieferung, steht man quasi über dem Erdwärmesystem des Spitals. Eine der modernsten Anlagen in der Schweiz, wie Egger erklärt. Hier liefern 36 Erdwärmesonden Energie. «Wir benötigen nochmals 15 Sonden, damit wir von fossilen Brennstoffen wegkommen. Natürlich werden wir für unseren Notstrom immer auch Brennstoff benötigen.» Doch heute braucht das Spital im Jahr 300 000 Liter Heizöl. Davon will man wegkommen.
Die hauseigene Photovoltaikanlage liefert Strom in der Menge, die es benötigt, um zum Beispiel an einem Sonntag den Spitalbetrieb zu gewährleisten. «Wenn die Schweiz Strom braucht, dann kann sie auch Strom aus Muri beziehen.»
Langjährige Mitarbeiter und ein aufgestelltes Team
Neben dem Platz stehen der Heli-Landeplatz und eine Reihe von Autos des Aargauer Mahlzeitendienstes, erzählt Egger, «Das Spital liefert heute die Essen für unsere Patienten, dazu 180 Essen für das Restaurant im Spital und 60 Essen für den Aargauer Mahlzeitendienst. Damit sind unsere Kapazitäten ausgeschöpft.»
Direkt neben der Ambulanzgarage geht es in die Werkstatt. Den aufgestellten Mitarbeitern des Spitals, denen man begegnet, ist ein kollegialer Gruss selbstverständlich. Dies zeigt auf, welches Arbeitsklima im Haus herrscht. Das schlägt sich auch in der Fluktuation nieder, welche je nach Abteilung kaum vorhanden ist.
Das Werkstatt-Team ist im Spitalgebäude von 40 000 m2 und auf einer ebenso grossen Freifläche tätig. Im Spital sind 3500 Geräte in 2200 Zimmern auf 10 Stöcken im Einsatz. «Die Hälfte der Geräte warten wir selbst.» Der Zeitfaktor ist gerade bei einer Operation sehr wichtig. So arbeiten im Spital vier ausgebildete Medizinaltechniker, welche im Notfall ihre Arbeit im OP neben einer Operation ausführen.
«Qualität ist uns wichtiger als Masse»
Durch die Cafeteria vorbei am Früchtekorb für die Mitarbeitenden geht es in die Abwaschküche und dann in die eigentliche Küche. Auf einem Laufband gleiten Teller zum Befüllen vorbei. Am Ende des Laufbandes wird der Teller kontrolliert und mit der geeigneten Menge Sauce freigegeben zum Verpacken für den Mahlzeitendienst oder für den Service im hauseigenen Restaurant.
Zum Ende des Rundgangs kommt nochmals die Frage bezüglich Automation auf. Das Spital prüft den Einsatz von Robotern in der Bodenreinigung. «Da es in der Hauswirtschaft und Reinigung heute ebenso schwierig ist, geeignetes Fachpersonal zu finden.» Erste Testversuchsphasen wurden bereits getätigt. Der nächste Test ist im kommenden Jahr anberaumt. Die Einführung ist für 2026 geplant. Die Reinigungsroboter sind für die Flächenreinigung vorgesehen. Ganz ersetzen werden die Roboter die Reinigungskräfte nicht. --vaw