Weil Äpfel nicht mehr reichen
13.10.2023 MuriPersonal mehr Gewicht geben
Seit rund 1,5 Jahren arbeitet eine HR-Verantwortliche bei der Gemeinde Muri. Nadine Grob spricht über ihre Aufgaben und Hans-Peter Budmiger betont, wie wichtig es ist, diesem Thema mehr Gewicht zu geben. --ake
...
Personal mehr Gewicht geben
Seit rund 1,5 Jahren arbeitet eine HR-Verantwortliche bei der Gemeinde Muri. Nadine Grob spricht über ihre Aufgaben und Hans-Peter Budmiger betont, wie wichtig es ist, diesem Thema mehr Gewicht zu geben. --ake
Nadine Grob ist HR-Verantwortliche der Gemeinde und beschäftigt sich mit einer Vielfalt an Themen
Seit Mai 2022 gibt es auf der Gemeinde Muri mit Nadine Grob eine HR-Verantwortliche. Eine Person, die für die Verwaltung und Rekrutierung von Mitarbeitenden und Führungskräften zuständig ist. «Wir wollen und müssen diesem Bereich mehr Gewicht geben», sagt Gemeindepräsident Hans-Peter Budmiger. Auch an der nächsten «Gmeind» ist es ein Traktandum.
Annemarie Keusch
Es ist ein allgegenwärtiges Thema. Und auch vor Gemeindeverwaltungen macht es nicht halt. Der Fachkräfte-, mittlerweile Arbeitskräftemangel. «Es gibt Bereiche, in denen es echt schwierig ist, kompetente Leute zu finden», sagt Muris Gemeindepräsident Hans-Peter Budmiger. Er spricht beispielsweise Fachleute für die Abteilung Bau und Planung an, aber auch die Polizei. «Für Sachbearbeiter-Stellen gehen nach wie vor genug Bewerbungen ein, auch nicht weniger als noch beispielsweise vor fünf Jahren, aber Spezialisten zu finden, das wird immer schwieriger», sagt auch Nadine Grob, die bei der Gemeinde die HR-Abteilung bildet und folglich fürs Personal zuständig ist.
Diese Gemeinde ist ein Unternehmen mit mehr als hundert Mitarbeitenden. Vom Gemeindeschreiber, über die Sachbearbeitung, Betreibungsamt, Werkhof, Zivilstandsamt, bis zum Forst und zur Polizei. Das sind längst nicht alle Beispiele. Die Vielfalt, die Bandbreite ist gross. «Wir wollen und müssen dem Thema Personal mehr Gewicht geben», sagt Budmiger. So war es schon vor wenigen Jahren, als über die Einführung einer HR-Stelle diskutiert wurde. Seit Mai 2022 arbeitet Nadine Grob in Muri. «In der freien Wirtschaft wäre das bei einem Unternehmen mit hundert Mitarbeitenden längst passiert», sagt Budmiger. Was sich die Gemeinde versprach? «Verbesserungen in verschiedenen Bereichen, mehr Struktur, Entlastung der einzelnen Abteilungen in personellen Themen.»
Fünf Wochen Ferien für alle
Was hat sich seither verändert? «Vieles», sagt Nadine Grob. Die Professionalisierung sei für die Mitarbeitenden spürbar. Veränderungen habe es auch gegeben, über konkrete wird mitunter an der nächsten Einwohnergemeindeversammlung entschieden. Mehr Ferien sind im neuen Personalreglement vorgesehen. «Wir nehmen die Mitarbeitenden ernst, ihre Anliegen auf», sagt Nadine Grob. Dass alle fünf Wochen Ferien erhalten statt bisher 22 Tage, ist eines dieser Anliegen. Grob spricht von einem Kulturentwicklungsprozess, bei dem auch Mitarbeitende aktiv mitwirken.
Ein attraktiver Arbeitgeber sein. Es ist auch eines der Legislaturziele, die der Gemeinderat verfolgt. «Arbeitsplatzattraktivität», nennt Hans-Peter Budmiger als Stichwort. Den Mitarbeitenden kostenlos Äpfel zur Verfügung stellen, das reicht nicht mehr. Budmiger spricht von Möglichkeiten, sich intern zu entwickeln, vom Umgang mit Homeoffice, von Mitarbeiteranlässen, von attraktiv gestalteten Pausenräumen, von der Du-Kultur. «Die Bandbreite ist riesig.» In Muri fanden Workshops statt in den Abteilungen, wo weitere Themen gesammelt wurden. Der Faktor Lohn spiele dabei auch eine Rolle, aber längst nicht die wichtigste, sind Budmiger und Grob überzeugt. «Es geht um andere Themen, darum, ob ein 80-Prozent-Pensum möglich ist, darum, ob unbezahlte Ferien möglich sind. Im Lohnbereich ist der Handlungsspielraum relativ klein, ohne dass wir das ganze Lohngefüge aus der Bahn bringen, was langfristig sicher nicht gut wäre», sagt Budmiger.
Fluktuation halbiert
Die Kultur, das Miteinander, die Möglichkeit, sich einzubringen und etwas zu bewirken, das seien entscheidende Punkte. Dafür, dass Arbeitnehmende bei der Gemeinde Muri eintreten, aber auch dafür, dass sie bleiben. Denn die Fluktuation, sie war zeitweise ein grosses Problem, lag bei rund 20 Prozent. «Das war ungesund, vor allem weil unglaublich viel Know-how verloren ging», sagt Hans-Peter Budmiger. Mittlerweile sei sie unter 10 Prozent. «Dass dies nur dank der HR-Stelle erreicht wurde, wäre wohl etwas zu einfach», findet er. Aber es sei eines der Puzzleteile. «Nur schon der Tatsache wegen, dass wir diesem Thema mit der HR-Verantwortlichen mehr Aufmerksamkeit schenken», ist er überzeugt.
Nadine Grob ist für die Rekrutierung zuständig, für die Beratung und Begleitung von Führungskräften und Mitarbeitenden in personellen Fragestellungen, leitet Projektarbeiten, wie etwa die Erneuerung des Personalreglements, kümmert sich um Digitalisierungsthemen, um den Kulturentwicklungsprozess, um Administrationsaufgaben. Für Hans-Peter Budmiger ist klar: «Es war der richtige Schritt, eine HR-Verantwortliche einzusetzen, zumal die Situation bezüglich Arbeitskräftemangel sich noch zuspitzen dürfte.» Dass die Arbeitnehmer gerne für die Gemeinde Muri arbeiten, es ist eines der Ziele. Wo sehen Nadine Grob und Hans-Peter Budmiger Gründe dafür? «Wir sind eine Gemeinde, die unterwegs ist, die vorwärtsgeht. Das verstaubte Image von Beamten, die auf Arbeit warten, ist längst überholt. Unsere Gemeinde hat gegen innen und gegen aussen eine positive Ausstrahlung», ist Budmiger überzeugt.
Investieren – ausbilden und weiterbilden
Zufall sei diese Entwicklung nicht. «Wir haben Zeit, Energie und Geld in Menschen investiert. Um ein gutes Klima zu schaffen, damit die Leute ihre Leistung bringen können», sagt Budmiger. Solche Investitionen seien wichtig, betont Nadine Grob. «Gerade was die Möglichkeit für Weiterbildungen und die Unterstützung dabei betrifft, zahlen sich diese Investitionen mehr als aus.» Gerade in die Weiterentwicklung der Führungskräfte investiere die Gemeinde viel. «Dies ist ein sehr grosses Puzzleteil und ein wesentlicher Faktor für die Reduktion der Fluktuation», ist sie überzeugt. Hinzu kommt, dass die Gemeinde viele Lernende ausbildet, aktuell sind es zehn in ganz unterschiedlichen Bereichen.
Die Einführung der HR-Stelle hat sich bewährt, die Fluktuation ist geringer, die Zahl der freien Stellen ebenso. Für Grob und Budmiger ist aber klar: «Ausruhen dürfen wir uns nicht.» Der Kulturentwicklungsprozess sei nie fertig.