Weil der Boden ganz viel bietet
12.05.2023 MuriAlles andere als ruhig
Das Museum «Zwischen Pflug und Korn» widmet sich in einer Sonderausstellung dem Boden
«Boden finden, Boden begreifen», so heisst die neue Sonderausstellung. Und dabei erwartet die Gäste auch ein ganz ...
Alles andere als ruhig
Das Museum «Zwischen Pflug und Korn» widmet sich in einer Sonderausstellung dem Boden
«Boden finden, Boden begreifen», so heisst die neue Sonderausstellung. Und dabei erwartet die Gäste auch ein ganz besonderes Hörerlebnis.
Annemarie Keusch
Es rauscht, zwischendurch klopft es. Und etwas entfernt sind ab und zu Stimmen hörbar. Es ist das, was Ueli Ineichen diese Woche an verschiedenen Standorten rund um das Museum «Zwischen Pf lug und Korn» aufgenommen hat – in der Erde. Es sind Würmer und Käfer, die unter der Erde leben und eben Geräusche verursachen. «Und es ist faszinierend, Gespräche sind unter der Erde über eine Distanz von hundert Metern hörbar», sagt Ineichen. Er ist Präsident des Museums. Er hatte die Idee, den Boden in einer Sonderausstellung zum Thema zu machen. «Sounding Soil», ein Projekt von «Biovision Schweiz», ist ein Teil davon. Der Teil, der hörbar macht, was sonst oft verborgen bleibt: das Leben unter dem Boden. «Dies ist alles andere als ruhig», sagt Ineichen. Die Aufnahmen verdeutlichen dies.
Sie regen aber gleichzeitig die Fantasie an. Welches Tier löst das Klopfen aus? Oder ist es gar kein Tier? Solche Fragen wollen die Verantwortlichen des Museums mit den Besucherinnen und Besuchern klären und laden dazu speziell auch Schulklassen ein. «Wir bieten hier Anschauungsunterricht», sagt Beat Wenger, Vorstandsmitglied. Denn die Erde kann nicht nur gehört, sondern auch angefasst und gespürt werden. Und sie ist vielseitiger, als wohl ganz viele meinen.
Die neue Sonderausstellung im Museum «Zwischen Pflug und Korn» ist dem Boden gewidmet
Er ist die Grundlage für ganz vieles, zum Beispiel für die Landwirtschaft, aber grundsätzlich für alles auf der Welt. Darum wird der Boden im Museum «Zwischen Pflug und Korn» ins Zentrum gerückt. Dabei wird klar, wie vielseitig und komplex dieser ist.
Annemarie Keusch
Es ist eine ungewohnte Konstruktion, die im Garten neben dem Museum «Zwischen Pflug und Korn» steht. Schwarze Blachen, Holzpfähle, die diese halten und darunter steht ein Gerüst. «Es ist wichtig, dass es dunkel ist, damit der Boden auch wirklich so aussieht, wie er ist», sagt Ueli Ineichen, Präsident des Museums. Eineinhalb Meter tief haben sie mit einem Bagger gegraben, um zu zeigen, wie es unter der Erde aussieht. Wie tief die Wurzeln der Luzerne, einer Futterpflanze, gehen. «Durch den Humus hindurch, bis zum Oberboden», erklärt Ineichen. Das alles wird im Profil erst richtig sichtbar. Etwa auch in den Paloxen, in denen sie diese Bodenschichten nachempfunden und Dinkel gepflanzt haben.
Mehr Luft in den Boden bringen
Boden, er ist das Thema der neuen Sonderausstellung im Museum «Zwischen Pflug und Korn». «Ich hatte dieses Thema schon länger im Hinterkopf, weil es einfach derart wichtig ist», sagt Ueli Ineichen. Auf verschiedene Arten will man dieses nun dem Publikum zugänglich machen. Etwa damit, dass Aufnahmen zeigen, wie laut es unter der Erde eigentlich zu und her geht oder mit den Profilen, die den Bodenaufbau näherbringen. Natürlich zeigt das Museum auch die Gerätschaften, die früher für die Bodenbearbeitung gebraucht wurden. Denn Ineichen sagt: «Bodenbearbeitung ist wichtig, wenn sie nicht zu intensiv ist.» So hätten die Menschen gemerkt, dass viel mehr wächst, wenn sie etwa durch Pflügen mehr Luft in die Erde bringen. Zudem sei das Pflügen eine effiziente Unkrautbekämpfung «und kein Bodenzerstörer, wie man teilweise hört».
Von Hand Getreide gesät
Die Erfindung des Pf lugs, der die Erde anhebt und umwälzt, bezeichnet Ineichen als einen der ganz grossen Meilensteine in der Entwicklung der Landwirtschaft. Im Museum ist ersichtlich, wie vorher gearbeitet wurde. Etwa mit dem «Aargauer Pflug», der im 19. Jahrhundert im Einsatz war und von zwei Pferden gezogen wurde. «Der Mann, der die Sterze hielt, wusste am Abend, was er gemacht hat», meint Ineichen lachend. Apropos pflügen und Erdumwälzung – dazu würden auch die Tiere, die in der Erde leben, einen grossen Anteil beisteuern. «Gerade Regenwürmer, darum sollten wir gut zu ihnen schauen», sagt Ineichen.
Aber auch andere Geräte, deren Einsatz längst nicht mehr denkbar ist, werden gezeigt. Etwa ein Säsack, der über der Schulter getragen wurde und mit dem der Bauer das Feld durchschritt. «Gleichmässiges Laufen war sehr zentral», weiss Ineichen. Oder eine der ersten Einzelkornsäeinrichtungen ist ebenfalls sichtbar.
Im Grunde genommen ist es wie damals
Aber das Museum blickt auch in die Zukunft. So ist etwa beschrieben, wie Hydroponik funktioniert, der Pflanzenanbau ganz ohne Erde. «Funktioniert hat das erst bei Basilikum und Tomaten. Ganz ohne Erde geht es nicht», ist Ineichen überzeugt. Er weiss aber auch, wie wichtig es ist, den Boden nicht zu stark zu bearbeiten. «Dann geht die ganze Struktur verloren.» Nach wie vor sei die Industrie daran, immer bessere Maschinen zu entwickeln. «Im Grunde genommen machen diese aber immer noch das Gleiche, wie die alten Geräte, einfach effizienter», sagt Beat Wenger, der seit rund einem Jahr in der Gruppe dabei ist, die jeden Donnerstag im Museum putzt, restauriert und werkt. Den Blick auf etwas richten, das überall ist, aber dem wenig Beachtung geschenkt wird, das ist den Verantwortlichen des Museums «Zwischen Pflug und Korn» wichtig.
Und das wollen sie ans Publikum, aber auch an Kindern weitergeben, an ganze Schulklassen oder im Rahmen eines Ferienpass-Kurses. «Wir wollen ihnen zeigen, dass Erde nicht gleich Erde ist. Dass man sie verstehen, erleben und anfassen muss.» Ab Sonntag ist das im Museum auf Anmeldung möglich.
Veranstaltungen
Die Saison im Museum «Zwischen Pflug und Korn» startet traditionellerweise am Muttertag mit einem Bauernhof-Brunch von 10 bis 14 Uhr. Am Samstag, 17. Juni, 11 bis 14 Uhr, ist ein Thementag eingeplant. «Sounding Soil», das Projekt von «Biovision Schweiz», ist dabei zu besichtigen, ebenso kann man den «Boden begreifen». Das Museumsstübli steht dabei offen. Am Mittwoch, 13. September, ist um 20 Uhr das Hoftheater mit der Krimikomödie «Die 39 Stufen» bekannt. Die Bauernküche im Museumsstübli ist ab 18 Uhr offen. Die Saison schliesst traditionell mit der Metzgete im Museum. Diese findet am Samstag, 28. Oktober, 11 bis 21 Uhr, statt. --ake