Weil es jetzt für die Firma passt
13.08.2024 MuriPolytronic in neuen Händen
350 Mitarbeitende zählt die Polytronic International AG weltweit. In 80 Ländern sind ihre Treffererfassungssysteme präsent. Seit 2013 leitete Christoph Koch die Murianer Firma. Bei der Übergabe an Markus Huwyler ...
Polytronic in neuen Händen
350 Mitarbeitende zählt die Polytronic International AG weltweit. In 80 Ländern sind ihre Treffererfassungssysteme präsent. Seit 2013 leitete Christoph Koch die Murianer Firma. Bei der Übergabe an Markus Huwyler schwingen viele Emotionen mit. --ake
Christoph Koch gibt die Geschicke der Polytronic International AG an Markus Huwyler weiter
Fast 60 Jahre Geschichte, 350 Mitarbeitende weltweit. Führend im Bereich der Treffererfassungssysteme. Die Polytronic International AG ist eine Firma mit Hauptsitz in Muri und Ausstrahlung auf die ganze Welt. Nun wechselt der Inhaber – von Christoph Koch zu Markus Huwyler.
Annemarie Keusch
Es ist ein emotionaler Moment für Christoph Koch. «Seine» Polytronic in neue Hände zu geben, fällt ihm nicht nur leicht. Seit 2013 führt er die Geschicke der Firma, war vorher bereits als Marketingdirektor tätig. «Ja, es ist ein spezieller Augenblick», sagt er, «aber es wäre eigensinnig, wenn ich nur an mich denken würde.» Koch spricht damit die Tatsache an, dass er mit 56-jährig nicht kurz vor der Pension steht und darum die Nachfolge für den Betrieb regeln musste. «Ich bin eigentlich noch zu jung dafür», sagt er. Christoph Koch lacht, meint es aber ernst. Den richtigen Zeitpunkt zu finden, um die Firma weiterzugeben, diese Frage beschäftige ihn, seit er 2013 Inhaber der Polytronic International AG wurde. «Dieser Zeitpunkt muss in erster Linie nicht für mich, sondern für die Firma stimmen», ist er überzeugt. Das tue es nun. Vor allem weil mit Markus Huwyler ein Nachfolger bereitsteht, der kompetent ist und der in Kochs Fussstapfen treten will.
Und 56-jährig bedeutet die Übergabe bei der Polytronic International AG lange nicht, dass sich Christoph Koch zur Ruhe setzt. Er bleibt Verwaltungsratspräsident, leitet weiterhin die Geschicke der Firma in den Vereinigten Arabischen Emiraten. «Und ich habe Kapazität, um neue unternehmerische Herausforderungen anzugehen», sagt Koch. Richtig konkret will er noch nicht werden. Er erzählt von Anfragen für Verwaltungsratsmandate, von möglichen Engagements bei Start-up-Unternehmungen. «Aus Freude meine Erfahrungen einbringen, das reizt mich.»
In 80 Ländern präsent
Die Polytronic International AG bietet eine umfassende Palette von elektronischen Trefferanzeigen und Zubehör für das Schiessen im scharfen Schuss für Militär, Polizei, Sport und Jagd. 1966 von Claude Thalmann, einem begeisterten Sportschützen, der sich daran störte, dass die Schüsse nach wie vor von Hand angezeigt werden müssen, in Egg gegründet, hat sich die Firma stets weiterentwickelt. 1970 folgte der Umzug nach Muri. 1993 expandierte die Polytronic International AG in den Mittleren Osten. 2006 wurde die Produktepalette für einen NATO-Schiessplatz in Norwegen umfassend modernisiert und überarbeitet. Seit 2013 leitete Koch die Geschicke der Murianer Firma. «Innovation war mir dabei immer wichtig», sagt er. Eines von vielen Beispielen: eine Trefferanzeige in der Form eines Panzers, samt Hebebühne, damit dieser in Deckung gehen kann, alles im 1:1-Massstab. «Das gab es vorher auf dem Markt nirgends», sagt Koch stolz. Die Anlage steht in Australien. «Unsere Vision ist nach wie vor, aussergewöhnliche Leistungen in jedem Land der Welt zu erbringen. Wir sind auf dem Weg, aber noch nicht am Ziel.» 2000 Schiessstände in 80 Ländern stehen aktuell zu Buche.
Stolz blickt Koch auf Entwicklungen und Weiterentwicklungen zurück, darauf, neue Wege beschritten zu haben, mit der Pandemie auch Krisenzeiten gemeistert zu haben. Stolz sei er vor allem auf die Polytronic-Familie, deren Werte, deren Kultur. «Dies ist einzigartig und entscheidend für unseren Erfolg», ist der abtretende Inhaber überzeugt. Er blicke dankbar auf die gut zehn Jahre als Inhaber und Geschäftsführer zurück. «Nicht selten war auch Glück dabei, als ich Entscheidungen fällte. Heute kann ich sagen, dass ich keine davon bereue, auch nicht jene, die Firma damals zu übernehmen.»
Extern zu verkaufen war keine Option
Seit zwei Jahren nun läuft die Übergabeplanung intensiv. Dass er die Firma so übergeben will, wie er sie einst übernahm – also einem Mitarbeiter –, war für Christoph Koch immer klar. «Mögliche Nachfolger in der Familie gibt es nicht und extern zu verkaufen, das war für mich nie eine Option, obwohl es Angebote gab.» Dass Markus Huwyler einst in seine Fussstapfen treten könne, sei schon bei dessen Vorstellungsgespräch vor gut fünf Jahren ein Thema gewesen. «Nun haben wir eine Übergabestruktur gefunden, die für beide passt», ist Koch froh. Eine gesunde Firma, zuversichtliche Blicke in die Zukunft und ein kompetenter Nachfolger. «Der Zeitpunkt passt.»
So formuliert es auch Markus Huwyler. Rückwirkend auf Anfang Jahr ist er Mehrheitsaktionär der Polytronic International AG. Der 40-Jährige freut sich auf seine neue Aufgabe. «Ich weiss, dass es viel Verantwortung ist. Ich trage fortan einen grossen Rucksack, schliesslich wollen 350 Mitarbeitende monatlich ihren Lohn. Bis der Entscheid gereift war, gab es schon die eine oder andere schlaflose Nacht», sagt Huwyler, der in Muri aufgewachsen ist und nach wie vor in Muri lebt und darum über ein grosses Netzwerk im Dorf verfügt. Einen grossen Rucksack trägt er aber nicht nur, sondern bringt auch einen solchen, gefüllt mit Wissen, mit. Huwyler absolvierte einst eine Lehre als Elektriker, studierte Elektrotechnik, machte ein Wirtschaftsnachdiplom-Studium und gehört seit 2019 zum Polytronic-Team. «Eigentlich suchte ich damals keinen neuen Job. Aber eine Anstellung als Direktor Technik in einem internationalen Betrieb, und das in Muri, da musste ich mich bewerben», blickt er zurück. Vor allem weil er überzeugt ist, dass die technischen Möglichkeiten bei der Polytronic International AG zwar weit gereift, aber noch nicht ausgeschöpft sind. «Ich sehe Potenzial, das es auszuschöpfen gilt.» Auch Huwyler spricht von der einmaligen Kultur, die im Betrieb gelebt werde. Vom Miteinander, von den geselligen Festen, aber auch davon, dass tagsüber unglaublich viel geleistet werde. «Wir haben viele Macher im Betrieb, ein riesiges Gut», betont er. Zumal viele schon viele Jahre dabei sind – durchschnittlich über zwölf Jahre.
«Open House» am 7. September
Die offizielle Stabsübergabe erfolgt am 5. September. Am 7. September lädt die Firma von 10 bis 16 Uhr zum «Open House». Es warten verschiedene Attraktionen, vom unterirdischen Schiesskeller über Einblicke in die Produktepalette bis zur musikalischen Unterhaltung und zum Luftgewehrschiessen mit der Olympiasiegerin von Tokio, Nina Christen.