Wenn einer eine Reise tut
24.01.2023 MuriErwin Jansen tourte mit einem Miniwohnwagen durch Nordspanien und Portugal
Viele Jahre lang war er Kreisförster. Zu «seinen» Waldungen gehörten auch jene in Muri. Vor vier Jahren wurde Erwin Jansen pensioniert und lebt seither seine Leidenschaft ...
Erwin Jansen tourte mit einem Miniwohnwagen durch Nordspanien und Portugal
Viele Jahre lang war er Kreisförster. Zu «seinen» Waldungen gehörten auch jene in Muri. Vor vier Jahren wurde Erwin Jansen pensioniert und lebt seither seine Leidenschaft fürs Reisen noch intensiver aus. Eineinhalb Monate war er mit seinem Suzuki-Jeep und einem Miniwohnwagen auf der iberischen Halbinsel unterwegs.
Annemarie Keusch
Seine Faszination für den Wald, seine Leidenschaft für die Bäume. Nicht nur in seinem Arbeitsleben beschäftigte sich Erwin Jansen täglich damit. Auch nach seiner Pensionierung hat er dieses Interesse nicht einfach abgestreift. Nicht nur einmal zeigt er im Rahmen des Vortrages über seine eineinhalbmonatige Reise durch den Norden Spaniens und Portugal Bilder vom Wald. Und dieser ist so ganz anders als im Freiamt. «Alles Kunstwald und Monokulturen, so weit das Auge reicht», kommentiert er ein Bild, das er in der Nähe von Bilbao geschossen hat. Es sind die Wälder, in denen das Holz für die Produktion von Papier, Karton und Paletten wächst, beispielsweise in der Form von Eukalyptus-Bäumen. «Dieses Holz gilt als nachhaltig produziert, für die Artenvielfalt ist es aber sehr schlecht.»
Im Wald spazieren, dort die Batterien aufladen, sich entspannen, das sei im Norden Spaniens und in Portugal weniger üblich. «Die Wälder sind zu 90 Prozent privatisiert und deren Besitzer wollen möglichst wenig Aufwand für möglichst viel Ertrag betreiben», weiss Jansen. Gepflegt werden die Flächen nicht, dafür ganz viele Bäume auf einmal gerodet. Gefährlich sei dies nicht nur für die Artenvielfalt. «Eukalyptus brennt schnell. Immer wieder kommt es zu riesigen Waldbränden.» Auf seiner Reise unterhielt er sich auch mit örtlichen Feuerwehrleuten und weiss, wie schwierig die Situation für sie ist.
Ein bequemes Bett sollte es schon sein
Aber natürlich widmete Erwin Jansen sein Interesse nicht nur dem Wald. Zeit haben, um zu staunen, mit Leuten zu reden, jeweils so lange an einem Ort bleiben, wie er will. Das war ihm wichtig, als er die Reise plante, die ursprünglich länger hätte dauern sollen. Reisen ist schon seit jeher Jansens grosse Leidenschaft. «Als Sohn holländischer Eltern natürlich ganz besonders das Campen», meint er lachend. Margret Bossert, Präsidentin des Reformierten Frauenvereins Muri, der den Vortrag organisierte, schenkte ihm einst gar eine Weihnachtskugel in Wohnwagenform. Und mit dem Kauf des Miniwohnwagens erfüllte sich Jansen selber einen Bubentraum. «Leicht und kompakt, für einen älteren Mann wie mich trotzdem mit gutem Bett und einer Küche, samt Kühlschrank. Viel mehr braucht es nicht.» Nur noch ein gutes Vorzelt, für das er sich Tipps bei den Fahrenden holte, die jeweils in Wohlen haltmachen.
«De hort op» stand auf seinem Miniwohnwagen. «Uf de Leutsch» heisst das zu Deutsch. Im Frühling 2018 machte er sich auf den Weg, ganz alleine. Doch schon nach Valencia kehrt er um. Nach einem Diebstahlversuch auf der Autobahn folgte ein geglückter Diebstahl auf einer Raststätte. «Während ich schlief, bohrte jemand das Türschloss auf.» Das Telefon war weg. «Retablieren, Reise neu planen, Familie geniessen.» Dafür reiste Jansen zurück nach Oberwil, unternahm aber kurze Zeit später einen zweiten, kürzeren Anlauf.
Ganze Regale voller Fischkonserven
Nordspanien und Portugal waren seine Ziele. «Und auf Raststätten übernachtete ich fortan nicht mehr. Das musste ich meiner Frau versprechen.» Jeden Tag führte er Tagebuch. «Als ich mich auf diesen Vortrag vorbereitete und alles nochmals las, wurde mir bewusst, wie viel ich schon wieder vergessen hatte.» Zu erzählen hatte Jansen viel. Von der Muschelbucht in San Sebastian. Von den Pintxos, den Häppchen, bei denen der Wirt einfach die leeren Spiesschen zählte, um den Preis zu definieren. Von der baskischen Sprache, die mit keiner anderen verwandt sei. Von der modernen Architektur und Kunst in Bilbao. Davon, dass dort ganze Regale voller Fischkonserven stehen. «So, wie bei uns das Sortiment an Schokolade riesig ist.»
Jansen hat die Natur beobachtet. Die Falken, die am Strand Mäuse fingen. Die Steine an der «Todesküste» von Galizien, wo früher zig Schiffe schiffbrüchig wurden. Er begegnete ganz vielen Menschen, stellte ihnen Fragen, ohne wirklich spanisch oder portugiesisch zu sprechen, in Portugal etwa über die Herstellung des Portweins, die kulinarische Vorliebe für Stockfisch oder er sprach mit Pilgern, deren Weg nach Santiago de Compostela sich mit seinem kreuzte. Und Jansen beobachtete. Etwa, dass in vielen Flusstälern im Norden Portugals Reis angepflanzt wird. Oder dass in Nordspanien die Fischerei weit verbreitet ist und viele der hier verkauften Sardinen und Sardellen von dort stammen.
Eineinhalb Monate verbrachte er auf der iberischen Halbinsel. «Ich habe viele Eindrücke gesammelt, bin aber deswegen kein Experte», betont er. Das Publikum in Muri war trotzdem – oder gerade wegen der vielen, ganz lockeren Erzählungen – begeistert.