Wer darf Stimmen zählen?
26.09.2023 BremgartenInterpellation von Grossrätin Karin Koch Wick (Die Mitte) zur Klärung demokratierechtlicher Fragen
Die Bremgarter Grossrätin möchte mehr Klarheit, was die Legitimation zum Stimmenzählen bei National- und Ständeratswahlen anbelangt. ...
Interpellation von Grossrätin Karin Koch Wick (Die Mitte) zur Klärung demokratierechtlicher Fragen
Die Bremgarter Grossrätin möchte mehr Klarheit, was die Legitimation zum Stimmenzählen bei National- und Ständeratswahlen anbelangt.
Marco Huwyler
Am 22. Oktober finden die Nationalund Ständeratswahlen statt. Die alle vier Jahre stattfindenden Erneuerungswahlen ins eidgenössische Parlament bedeuten für die lokalen Wahlbüros regelmässig eine grosse personelle und logistische Herausforderung. Deshalb laufen die Vorbereitungen bereits jetzt auf Hochtouren.
Ein Kreisschreiben des Kantons im Zuge dieser Vorbereitungen sorgte nun für Irritationen bei der Bremgarter Grossrätin, National- und Stadtratskandidatin Karin Koch Wick (Die Mitte). Sie hat deshalb eine Interpellation an den Aargauer Regierungsrat eingereicht, in der sie einige Fragen klären will.
Welche rechtliche Grundlage?
Personen, die an einer Wahl teilnehmen, sind per Gesetz an der Auszählung von dieser ausgeschlossen. So viel ist klar. Das von Karin Koch Wick angesprochene Schreiben des Kantons an die Wahlbehörden der Gemeinden enthält nun aber auch die Weisung, wonach Personen, die für den Nationalrat kandidieren, auch bei der Auszählung der Resultate der Ständeratswahlen nicht eingesetzt werden dürften. Mit konkreten Folgen (vgl. Kasten).
Für Karin Koch Wick ist die Weisung unverständlich. Denn der National- und der Ständerat seien zwei «völlig unterschiedliche» politische Ämter und auch das Wahlprozedere sei ein anderes. Die Weisung sei daher nicht nachzuvollziehen. «Wenn davon vom Volk gewählte Mitglieder des Wahlbüros betroffen sind, erscheint diese Vorgabe auch als in demokratischer und bundesstaatsrechtlicher Hinsicht sehr heikel», findet Koch Wick. Sie unterbreitet dem Regierungsrat deshalb einige klärende Fragen.
Koch Wick und die ebenfalls unterzeichnenden Ratsmitglieder möchten von der Regierung wissen, ob die Weisung «zwingender Natur» sei oder ob den Gemeinden beim Zusammenstellen oder in der Organisation des Wahlbüros ein gewisser Ermessensspielraum bleibe – insbesondere für vom Volk gewählte Mitglieder des Wahlbüros.
Warum wurde das Gesetz nicht angepasst?
Weiter möchten die Unterzeichnenden wissen, auf welche gesetzliche Grundlage bzw. Leitentscheide sich die kantonale Weisung stützt. Denn gemäss Wortlaut des Gesetzes seien Kandidierende explizit nur bei der Ermittlung des Ergebnisses der Wahl ausgeschlossen, an der sie selber teilnehmen. Im Kreisschreiben wird die Weisung damit begründet, dass «jeglicher Anschein einer Beeinflussung» ausgeschlossen werden müsse.
Für Karin Koch Wick wirft das Fragen auf, denn: «Wenn dem so sein muss, fragt es sich, wieso das Gesetz nicht schon lange entsprechend angepasst wurde und wie es andererseits möglich ist, dass Familienangehörige von Kandidierenden beim Auszählen dabei sind, ohne dass ein Anschein der Beeinflussung entstehen kann», heisst es in der Interpellation der Bremgarterin.
Und an Grossratswahlen?
Der Ausschluss von vom Volk gewählten Mitgliedern des Wahlbüros stehe im Widerspruch zur Demokratie und dürfe nur dann verfügt werden, wenn die Verhältnismässigkeit geprüft und gegeben sei, findet Karin Koch Wick in ihrer Interpellation. Zumal sie andererseits beobachte, dass auf Gemeindeebene eine Tendenz bestehe, je länger, je mehr Hilfspersonen bei der Auszählung beizuziehen, die nicht als Stimmenzähler gewählt wurden (beispielsweise Gemeindeangestellte aus anderen Abteilungen und Familienangehörige). Koch Wick möchte deshalb wissen, «wie der dem Demokratieverständnis zuwiderlaufenden Praxis» durch den Kanton begegnet wird.
Weiter fragt sie sich vor diesem Hintergrund, wie denn das Recht in Bezug auf die kommenden Grossratswahlen auszulegen sei. «Darf eine Kandidatin oder ein Kandidat im ganzen Kanton nicht in einem Wahlbüro eingesetzt werden oder nur im Wohnsitzbezirk?» --huy
Bremgarter Ausladung
Die Interpellation von Karin Koch Wick basiert auf der persönlichen Betroffenheit von Wicks Tochter in Bremgarten. Nationalratskandidatin Jacqueline Wick ist als Stimmenzählerin gewähltes Ersatzmitglied der Einwohnergemeinde Bremgarten. Als solches erhielt sie im Vorfeld der anstehenden Wahlen eine Einladung zum Auszählen der Ständeratsstimmen – der später dann wieder eine Ausladung folgte. Begründet wurde diese mit besagtem Kreisschreiben des Kantons. --huy