Wieder keine Bewilligung
08.09.2023 BremgartenAltstadtgeschäfte müssen am Markt der Vielfalt erneut geschlossen bleiben
Der Kanton bleibt seiner abschlagenden Haltung vom Vorjahr treu. Nachdem das Gesuch der Altstadtgeschäfte, während des Marktes der Vielfalt auch am Sonntag geöffnet haben zu ...
Altstadtgeschäfte müssen am Markt der Vielfalt erneut geschlossen bleiben
Der Kanton bleibt seiner abschlagenden Haltung vom Vorjahr treu. Nachdem das Gesuch der Altstadtgeschäfte, während des Marktes der Vielfalt auch am Sonntag geöffnet haben zu dürfen, 2022 erstmals abgelehnt worden war, erhalten die Lädeler trotz berechtigter Hoffnungen im Vorfeld auch heuer keine Genehmigung.
Marco Huwyler
Im Vorjahr war es eine negative Überraschung, die für die Altstadtgeschäfte aus heiterem Himmel kam. Nachdem die Läden in und um die Marktgasse zuvor 80 Jahre lang immer am Synesiussonntag geöffnet hatten, wurde ihnen 2022 erstmals keine Bewilligung dafür erteilt (diese Zeitung berichtete). Grund dafür war eine neue Bewilligungspraxis aufgrund eines Personalwechsels bei der zuständigen kantonalen Stelle. Denn nach einer Pension war der neue zuständige Beamte zum Schluss gelangt, dass die Praxis der vergangenen Jahrzehnte nicht dem geltenden Recht entsprochen hatte.
Der Entscheid sorgte im Städtli für einiges an Unmut und rief schlussendlich die Bremgarter Grossräte Karin Koch Wick (Die Mitte) und Stefan Dietrich (SP) auf den Plan, welche in Aarau eine Motion für eine Änderung des Arbeitsgesetzes lancierten. Künftig sollte es einmal im Jahr möglich sein, bei lokalen Bräuchen und Besonderheiten die Geschäfte einen zusätzlichen Sonntag im Jahr zu öffnen, falls das Bedürfnis besteht – wie eben in Bremgarten während des Marktsonntages Ende Oktober. Von einer Mehrheit des Grossrats unterstützt, nahm auch der Regierungsrat das Bremgarter Anliegen entgegen und wird in den kommenden Jahren einen entsprechenden neuen Gesetzesentwurf ausarbeiten. Bloss: Bis es so weit ist, dauert es noch rund drei Jahre. Und während dieser Zeit bräuchte es für die Altstadtlädeli während des Marktes der Vielfalt weiterhin eine Ausnahmebewilligung.
Mit juristischer Unterstützung der Motionärin
Dennoch war bei den Altstadtgeschäften rund um Biggi Winteler (Heilstein-Schmuck) und Sonja Conrad (Schuhgeschäft Borner) die Zuversicht gross, dass mit dem Rückenwind der aufgegleisten Gesetzesänderung und der angenommenen Motion eine Bewilligung dieses Jahr erteilt werden könnte. Zumal man mit grossrätlicher Unterstützung von Motionärin und Juristin Karin Koch Wick, die ihre Hilfe kostenlos zur Verfügung stellte, sein Gesuch heuer gut begründet hatte. Mit Verweis auf die Bedeutung und Tradition der Bremgarter Märkte machte man ein dringendes Bedürfnis aufgrund von lokalen Besonderheiten geltend – was die Erteilung einer Bewilligung gemäss heute geltender Rechtslage rechtfertigen würde.
Enttäuschung über Standardphrase
Die Antwort des Kantons fiel indes ernüchternd aus. Mit einer juristischen Standardphrase wurde das Gesuch abgelehnt. «Das Gesuch kann nicht bewilligt werden, da kein dringendes Bedürfnis geltend gemacht werden kann», heisst es im abschlägigen Entscheid des Amts für Wirtschaft. Weshalb man die Rechtslage in Aarau so beurteilt, wurde nicht begründet. Bearbeitet wurde das Gesuch vom selben Beamten, der den Bremgartern bereits letztes Jahr die Bewilligung verwehrt hatte.
«Es ist schon sehr enttäuschend und nervt mich auch persönlich», sagt Karin Koch Wick. «Denn offensichtlich bietet das Gesetz einen Ermessensspielraum. Mir fehlen im Entscheid die Argumente, weshalb dieser nicht zugunsten der Bremgarter Geschäfte ausgelegt werden kann.»
In Absprache mit Winteler und Conrad wird dennoch auf einen Weiterzug des Entscheides verzichtet. Denn einerseits würde ein solcher zumindest in nächster Instanz noch vom selben kantonalen Departement behandelt – weshalb die Erfolgsaussichten gering sein dürften. Andererseits droht mit jeder zusätzlichen Instanz ein höheres Kostenrisiko. «Dass wir den Entscheid nicht anfechten, heisst aber nicht, dass wir damit einverstanden sind, im Gegenteil», sagt Koch Wick, auch im Namen der Gesuchstellerinnen der Geschäfte. Zumal sich so die bizarren Gegebenheiten aus dem letzten Jahr auch heuer wiederholen werden. Denn weil das Arbeitsgesetz nur für «Angestellte» gilt, können alle Geschäfte, in denen der Eigentümer oder die Eigentümerin selber im Laden steht, an Synesius auch ohne Bewilligung offen haben – mithilfe von Familienangehörigen und Kolleginnen und Kollegen, die ohne Lohn arbeiten. Geschäfte jedoch, wo das nicht geht – etwa weil Eigentümerin und Geschäftsführerin nicht identisch sind, wie beim Schuhgeschäft Borner –, haben das Nachsehen.
Versuch auch im nächsten Jahr
Deren Geschäftsführerin Sonja Conrad hofft nun angesichts der abermaligen bitteren Pille auf die erneute Solidarität der Bremgarterinnen und Bremgarter bzw. der treuen Kundschaft, dass diese ihre Einkäufe bereits am Samstag vor Synesius erledigen. Und auf eine Änderung der unangemessen restriktiven Praxis vielleicht immerhin auf nächstes Jahr. Sonja Conrad wird mit Unterstützung der anderen Altstadtläden auf jeden Fall auch im Herbst 2024 wieder ein Gesuch einreichen. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt.