«Wir haben die Erfahrung»
12.07.2024 BremgartenTemporäre Bundesasylunterkunft unter dem Alterszentrum Bärenmatt kommt ab September
Ein halbes Jahr lang werden 120 allein reisende Flüchtlinge in Bremgarten untergebracht. Nach einer Anfrage des Bundes gab die Stadt grünes Licht dafür. Im Rathaus ...
Temporäre Bundesasylunterkunft unter dem Alterszentrum Bärenmatt kommt ab September
Ein halbes Jahr lang werden 120 allein reisende Flüchtlinge in Bremgarten untergebracht. Nach einer Anfrage des Bundes gab die Stadt grünes Licht dafür. Im Rathaus fühlt man sich gut gewappnet. Und streicht auch die positiven Seiten der Nachricht hervor.
Marco Huwyler
Raymond Tellenbach versprüht mal wieder Optimismus. «Wir haben in der Vergangenheit mehrheitlich gute Erfahrungen gemacht. Deshalb bereitet mir das Ganze nicht zu viel Kopfzerbrechen», sagt der Stadtammann mit Verweis auf die Periode von 2013 bis 2017, als Bremgarten schon einmal eine Bundesasylunterkunft beherbergte. Damals, als während vier Jahren sogar bis zu 200 Asylsuchende in einer Militärunterkunft untergebracht waren, sei man vergleichsweise gut damit zurechtgekommen. «Ein paar Ladendiebstähle, einzelne Schlägereien unter sich. Das wars. Wir konnten das gut handeln.»
Realitäten anerkennen
Deshalb ist im Rathaus auch keine Panik ausgebrochen, als vor einigen Wochen die dringende Anfrage des Staatssekretariats für Migration (SEM) eintraf. «Wir haben das intern gut diskutiert. Einige Vorbehalte eingebracht und schlussendlich unsere Zustimmung gegeben», erzählt Tellenbach. Die Überlegung dahinter: lieber mitreden, kooperieren und sich einbringen als von Anfang an kategorisch Nein sagen, sich querstellen, Geschirr zerschlagen – und schlussendlich doch allenfalls per Notrecht dazu verdonnert werden. «Denn wir müssen auch den Realitäten in die Augen schauen. Es braucht offensichtlich diese Unterkünfte», sagt Tellenbach. «Und wir haben Erfahrung aus der Vergangenheit.»
Entlastung andernorts
Bremgarten wird darüber hinaus auch entlastet. Denn das Bundesasylzentrum wird der Gemeinde bei den Flüchtlingszahlen angerechnet. Gemäss Verteilungsschlüssel des Kantons müsste man derzeit im Städtli 97 Personen aufnehmen. Heisst im Umkehrschluss: Die Probleme des Stadtrats, der in den vergangenen Monaten und Jahren auf dem Wohnungsmarkt weibeln musste und verzweifelt nach Unterkünften zur Erfüllung seiner Quote suchen musste, sind auf einen Schlag gelöst. «Theoretisch müssten wir neben der Bundesasylunterkunft nun keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen», sagt Tellenbach. Selbstredend wird man die hier Anwesenden aber nicht von heute auf morgen der Stadt verweisen – zumal auch sie bisher wenig Probleme bereiten.
Bunkersystem unter der Bärenmatt
Untergebracht werden die 120 Flüchtlinge des Bundes unter dem Alterszentrum Bärenmatt. Dort gibt es ein grosses Bunkersystem – eine geschützte Sanitätsstelle (GSS), die vom Zivilschutz unterhalten respektive gewartet wird. Diese wird für ein halbes Jahr zur Asylunterkunft umfunktioniert. Zu diesem Zweck werden auch temporäre oberirdische Räumlichkeiten in Eingangsnähe der Anlage installiert – in Form einer Containerlösung. Hausen respektive übernachten werden die Flüchtlinge allerdings im Bunkersystem, das neben Schlafräumen auch sanitäre Anlagen und Aufenthaltsräume bietet. Zur Verpflegung der hier Untergebrachten soll ein Mahlzeitendienst engagiert werden.
Tabuzonen werden definiert
Damit es im Alltag zu möglichst wenig störenden Reibungspunkten mit der Bevölkerung kommt, wird der Stadtrat Zonen definieren, wo sich die Asylsuchenden nicht aufhalten dürfen. «Sicherlich vor Schulen und Kindergärten», wie Tellenbach sagt. Genaueres sei aber noch abzuklären und auszuformulieren. Fest stehe aber, dass die Stadt an sich wenig damit zu tun haben werde. «Für die Durchsetzung dieser Regeln ist der Bund zuständig.» Der dazu auch Betreuungs- und Sicherheitspersonal nach Bremgarten bringt respektive engagiert. «Mit dem Betrieb wird die Stadt nichts zu tun haben.» Im Vergleich auch hier also eine Entlastung – gehen doch so auch die Betreuungskosten im Asylbereich tendenziell zurück.
Nur eine Durchgangsstation
Im temporären Bremgarter Asylzentrum werden alleinstehende Personen einquartiert, die frisch in die Schweiz kommen und noch auf ihren Asylbescheid warten. Das heisst also auch, dass sie voraussichtlich nicht monatelang im Städtli untergebracht sein werden. «Es wird eher eine Durchlaufstation sein», sagt Tellenbach. Ohnehin ist die Lösung des Bundes mit Bremgarten auf nur 6 Monate befristet. Doch dass unterhalb der Bärenmatt Asylsuchende einquartiert werden, könnte auch längerfristig der Fall sein. Denn ab dem März 2025 soll das Bunkersystem dem kantonalen Sozialdienst als Asylnotunterkunft weiter zur Verfügung stehen, «wenn aufgrund der verfügbaren kantonalen Kapazitäten» und der Nachfrage Bedarf besteht. «Und wenn die Prognosen der Flüchtlingszahlen eintreffen, wird dies bestimmt eine Weile der Fall sein», sagt Raymond Tellenbach. Die Problematik der steigenden Asylzahlen wird Land, Region und Städtli noch länger beschäftigen. Nun weiss man: Zumindest in Bremgarten besteht dafür eine für den Moment offenbar gangbare Lösung. Wie sie sich bewährt und wie sie angenommen wird, werden die nächsten Monate zeigen.
Vor der Inbetriebnahme des Asylzentrums wird eine öffentliche Informationsveranstaltung mit Besichtigung für die Bevölkerung stattfinden. Das Datum dafür steht noch nicht fest. Für die Dauer der Nutzung der Unterkunft wird zudem eine Begleitgruppe gebildet.





