«Wir sind eine tolle Option»
18.09.2020 WirtschaftDie Situation in der Ferienbranche: Interview mit Andrea Portmann, Direktorin von Aargau Tourismus
Bei Aargau Tourismus mag man nicht klagen. Die Auslastungen waren trotz Corona recht gut. Extrem gut besucht sei der «Magnet Hallwilersee», sagt Direktorin Andrea Portmann. Diese hofft, dass bald wieder Planungssicherheit herrschen wird.
Daniel Marti
Die Sommerferien sind vorbei. Können Sie eine Bilanz ziehen, wie die Sommerferien für Aargau Tourismus verlaufen sind?
Andrea Portmann: Unsere Leistungsträger und regionalen Tourismuspartner haben uns zurückgemeldet, dass die Sommerferien je nach Gebiet gut bis sehr gut waren. Speziell im Bereich Hotellerie gab es Regionen, die überdurchschnittlich gebucht waren, aber leider auch Regionen, die den Verlust der Businessgäste stark gespürt haben. Spannend war, dass man vermehrt Gäste auch aus der Westschweiz und auch aus dem Tessin empfangen durfte. Es waren auch an verschiedenen Standorten vermehrt Velofahrer mehrtägig unterwegs. Die Event- und Kongressbranche hingegen leidet stark.
Sind die Menschen tatsächlich zu Hause geblieben, also auch im Aargau?
Konkrete Zahlen haben wir leider nicht, aber die Auslastung in den Freizeiteinrichtungen, in den Museen, in der Gastronomie waren gut. Vom Aufruf, die Ferien in der Schweiz zu machen, hat auch der Aargau profitiert.
Gibt es aber auch Aargauer Reiseziele, die unter Corona gelitten haben?
Im Aargau haben nicht unbedingt Reiseziele, sondern einzelne Branchen gelitten. In der Hotellerie wurden die Kapazitäten, die der Businesstourismus erreicht, leider nicht überall durch den Leisure-Gast kompensiert. Da der Aargau im Bereich Festival und Events sehr stark ist, kam natürlich aufgrund der Pandemie diese Sparte viel zu kurz.
Welches sind die am meisten besuchten Aargauer Ziele in den letzten Monaten?
Im Sommer extrem gut besucht waren das Seetal mit dem Magnet Hallwilersee, dann die Natur-Ikonen wie der Jurapark Aargau, das Wasserschloss oder die Flüsse allgemein. Und wir hatten erfreulich viele Besucher in den zahlreichen historischen Städten.
Wie sind Ihre Aussichten für den kommenden Herbst?
Wir erhoffen uns für den Herbst wiederum gute Zahlen, sofern sich die Einschränkungen nicht wieder verstärken. Aber die Voraussetzungen für den Aargau sind sehr gut. Wir können viele Bedürfnisse von Reisenden im Aargau abdecken mit Landschaft, Natur, Kultur, Städtetrips und deR Wellness. Dazu werden wir auch die bereits erfolgreichen Kooperationen mit dem Kanton Solothurn und Baselland für die Kampagne «Herbstspass – Ferien vor der Haustür» und dem Kanton Thurgau für die Kampagne «Öpfel meets Rüebli» weiterziehen. Wir sehen nach wie vor grosses Potenzial.
Was oder welche Ziele können Sie für die Herbstferien besonders empfehlen?
Der Aargau ist in Sachen Ferien und Freizeit extrem breit aufgestellt. Wir freuen uns auf den goldenen Herbst für alle Bewegungsfreudigen (Velo, wandern, biken), gerne auch kombiniert mit dem Thema Genuss sowie regionaleN ProdukteN und Aargauer Wein. Kulturbegeisterte erleben die Schlösser, Klöster und Museen individuell oder in Gruppen, eventuell auch auf einer szenischen Führung, dies kann ich nur empfehlen. Die Städte locken mit ihrem Charme oder auch die Wellness- und Thermalbäder, wenn es langsam wieder kälter und ab und an auch feucht wird draussen.
Wie geht es Aargau Tourismus allgemein, trotz Coronakrise?
Aargau Tourismus hat in den letzten Monaten intensiv daran gearbeitet, damit wir uns auf die schnell verändernden Situationen einstellen konnten. Es ist unser wichtigstes Anliegen, dass wir unsere Leistungsträger und Partner im Aargau mit entsprechenden Ideen und Kampagnen unterstützen können. Dazu konnten wir neue Produkte und Kooperationen aufgleisen, aber auch bereits Bestehendes intensivieren. Wir waren keinen einzigen Tag in Kurzarbeit. Uns geht es so weit gut, wir sind glücklich, dass wir einiges an Unterstützung schaffen konnten wie die Gutscheine. Wir konnten schon über 50 000 Franken direkt an die Leistungsträger auszahlen. Ich bin stolz auf mein Team, das diese Krise jeden Tag als Chance gesehen hat, um das Beste daraus zu machen.
Und wie kann sich Aargau Tourismus gegen die Konkurrenz aus dem eigenen Land behaupten? Die Schweiz hat ja viele touristische Regionen.
Mit den Ressourcen, die wir zur Verfügung haben, sind wir sehr zufrieden, und damit, wie wir uns positionieren konnten. Das war nicht zuletzt auch möglich, weil wir uns schon sehr früh auf Kooperationen eingelassen haben. Wichtig ist, dass wir den Bewohnerinnen und Bewohnern unseres Landes immer wieder aufzeigen können, dass wir eine tolle Option sind für Ferien und Freizeit. Wir liegen verkehrsgünstig und können die unterschiedlichsten Bedürfnisse abdecken.
Gibt es eine Unterstützung oder Verbindung zu Schweiz TourismuS? Ist man da solidarisch untereinander?
Wir haben grosse Unterstützung innerhalb der Branche und seitens Schweiz Tourismus. Man muss sehen, dass wir von einer Minute auf die andere sämtliche Konzepte, Events, Kampagnen und vieles mehr einfach über Bord werfen mussten. Es stand kein Stein mehr auf dem anderen. Die Planungsunsicherheit ist nach wie vor hoch und es geht nur, wenn alle so flexibel wie möglich agieren. Wir sind froh, dass die Branche so gut reagiert hat.
Wenn Sie einen Wunsch hätten: Wie würde dieser denN lauten?
Ich würde mir wünschen, dass wir möglichst bald wieder in eine gewisse Planungssicherheit kommen könnten. Wir sind sehr flexibel genug, um uns auf die unterschiedlichsten Anforderungen neu ausrichten zu können. Was aber wirklich kräftezehrend ist, sind die vielen Unsicherheiten. Sollen wir für 2021 bereits wieder grössere Events planen? Wie sieht es in drei, in fünf oder in zehn Monaten aus? Sollen wir mehr auf das Individuum eingehen oder können wir wieder mit Gruppen rechnen? Sobald die Bedingungen klar sind, können wir aktiv gestalten. Im Moment ist es ein Tanz auf dem Drahtseil.