Wirtin aus Leidenschaft

  17.07.2020 Region Oberfreiamt

«Starke Frauen»: Cornelia Stähli aus Geltwil

Nicht selten sind es am Ende des Tages mehr als 15 Arbeitsstunden. «Das erfüllt mich enorm», sagt die emsige Cornelia Stähli. Seit neun Jahren wirtet sie im «Strebel».

Mittlerweile ist wieder vieles normal. Auch wenn die Bankette noch fehlen. Doch Cornelia Stähli und ihr Team haben Corona-bedingt spezielle Wochen hinter sich. «So viel freie Zeit hatte ich noch nie», sagt die 50-jährige Wirtin.

Genossen hat sie diese Zeit. Geniessen tut sie es aber auch, wenn jetzt wieder viel mehr läuft im «Strebel» in Geltwil. Was Coenlia Stähli an ihrer abwechslungsreichen Arbeit am meisten gefällt? «Der Kontakt zu ganz vielen unterschiedlichen Menschen.» --ake


Eine klare Linie muss sein

Sommerserie «Starke Frauen»: Cornelia Stähli wirtet seit neun Jahren im «Strebel» in Geltwil

Eine Ausbildung im Gastgewerbe hat Cornelia Stähli nicht. Trotzdem ist sie Wirtin – und das mit Erfolg. «Das Wirten ist mein Leben», sagt die 50-Jährige. Fast regelmässig ist sie 15 Stunden täglich in «ihrem» Restaurant Strebel in Geltwil anzutreffen.

Annemarie Keusch

«S ewige Liechtli» in Werd, «Kaufmann» in Alikon, die «Linde» in Büttikon, «Hecht» in Rottenschwil, das «Guggibad» in Buttwil oder eben der «Strebel» in Geltwil. Es ist ein kleiner Ausschnitt jener Restaurants, in denen Cornelia Stähli als Serviceangestellte tätig war. «Nach der Wintersaison war immer irgendwo jemand gesucht. Und die Wirte kannten mich mit der Zeit und fragten an.» 14 Wintersaisons verbrachte Stähli immer in den Flumserbergen, auch dort im Service. «Weil ich so viele Saisons dabei war, übernahm ich immer mehr die Führung im Service. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wechselten jährlich.»

Nach dem Schulabschluss der Bezirksschule Muri absolvierte sie eine Ausbildung im Detailhandel. Aber schon damals wusste Stähli, dass sie in diesem Beruf nicht länger arbeiten will. Schon damals schielte sie auf das Gastgewerbe. «Meine Schwester machte die Servicelehre, so bekam ich einiges mit.» Berufsbegleitend hat sie die Handelsschule absolviert und verfügt selbstverständlich über das Wirtepatent.

Gerüchte von Abriss sind falsch

Dass das Gastgewerbe für sie das Richtige ist, merkte Cornelia Stähli schnell. «Der Kontakt mit vielen verschiedenen Menschen gefällt mir», sagt sie. Und so war es nach unter anderem acht Jahren, in denen sie zusammen mit ihrem damaligen Partner (der heute der Küchenchef im «Strebel» ist) das Restaurant der Badi Wohlen führte, vier Jahre davon auch jenes der Wohler Eisbahn, der logische Schritt, dass sie Geschäftsführerin des «Guggibads» wurde. «Ich arbeitete dort, als die Wirte aufhörten», sagt sie. Die Pacht übernehmen wollte sie damals noch nicht. «Als Geschäftsführerin war ich weniger unter Druck.»

Als dann die Pacht des Restaurants Strebel in Geltwil frei wurde, wagte sie den Schritt. Neun Jahre ist das mittlerweile her. «Bereut habe ich es noch nie», sagt Cornelia Stähli. Auch, weil die Unterstützung der Besitzerfamilie von Anfang an da war. «Wir kannten uns aus früheren Zeiten, als ich hier im Service aushalf. Entsprechend war es wie eine Art Nachhausekommen.» Seit Januar ist die Firma Stadelmann & Stutz aus Fahrwangen Besitzerin des «Strebels». «Es gab Gerüchte, das Restaurant werde abgerissen. Das stimmt gar nicht. Ich habe vor, mich hier pensionieren zu lassen.»

Direkte, aber herzliche und kollegiale Chefin

Gewusst, was alles dahintersteckt, hat Cornelia Stähli, als sie vor neun Jahren die Pacht des «Strebels» übernahm. «Und trotzdem war es mehr Aufwand, als ich dachte», sagt sie. Die eine oder andere Träne habe sie anfangs vergossen, aus Überforderung, aus Angst. Noch heute zählt ein normaler Tag bei ihr 15 Stunden. «Wer wirtet, muss präsent sein. Sonst geht es nicht.» Ihr Restaurant im Herzen der kleinen Gemeinde Geltwil ist zwei Tage pro Woche geschlossen, am Mittwoch und am Donnerstag. «Dann ist putzen angesagt. Und Büroarbeit erledigen.»

Cornelia Stähli spricht klar und deutlich, bestimmt. «Ja, ich bin eine strenge Chefin, aber eine kollegiale», sagt sie. Eine gewisse Linie müsse sein, sonst gehe es nicht. «Ich halte alle gleich. Das ist mir sehr wichtig.» Es müsse immer schön gedeckt und dekoriert sein. Auch der Service und die Qualität in der Küche müssen stimmen. «Ich will etwa, dass bei einem Wein nachgeschenkt wird.» Im Umgang mit ihren Angestellten ist Cornelia Stähli direkt, sagt, was sie verlangt. Aber sie spricht auch herzlich über sie. «Wir sind eine äusserst schlagkräftige Truppe, die gut harmoniert. Alle sind seit Jahren dabei. Sie würden für mich alles machen und ich für sie auch. Für mich als Wirtin ist das enorm wichtig. Fähiges Personal zu finden, ist alles andere als einfach.»

So viel Zeit fürs Privatleben wie noch nie

Mit dem Lockdown haben Cornelia Stähli und ihr Team eine ungewohnte Zeit hinter sich. «Ich kann dem Ganzen viel Positives abgewinnen», sagt sie. Noch nie habe sie etwa so viel Zeit mit ihrem Partner verbringen können. «Klar, ich kann das nur sagen, weil wir die letzten Jahre eine Reserve anlegen konnten. Es lief gut die letzten neun Jahre. Auch die neuen Besitzer sind mir grosszügig entgegengekommen, was für mich nicht selbstverständlich war.»

Grosse Träume für die Zukunft hat Cornelia Stähli nicht. «Es soll einfach so weitergehen», sagt sie. Im «Strebel» will sie bleiben, mit ihren vielen Stammkunden, mit ihrem funktionierenden Team. Auch wenn dies viel Einsatz erfordert und wenig Privatleben und keine Zeit für Hobbys lässt. «Auch wenn ich mich dagegen wehrte, habe ich vor sieben Jahren aufgehört, in der ‹Musig› Boswil Klarinette zu spielen», sagt sie. Die Erfüllung findet sie im Wirten. Nur ein Traum bleibt: einmal in einer schönen Wohnung mit schöner Aussicht wohnen. Jetzt lebt sie im oberen Stock des Restaurants – die Aussicht stimmt schon mal.


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