«Wohl ein neuer Rekord»
25.10.2022 BremgartenMarkt der Vielfalt in Bremgarten
Am Wochenende verwandelte sich Bremgarten wieder in ein mittelalterliches Städtli mit all seinen Faszinationen. Das unvergleichliche Ambiente sorgte einmal mehr für viele zufriedene Gesichter – sowohl bei den Gästen als auch bei ...
Markt der Vielfalt in Bremgarten
Am Wochenende verwandelte sich Bremgarten wieder in ein mittelalterliches Städtli mit all seinen Faszinationen. Das unvergleichliche Ambiente sorgte einmal mehr für viele zufriedene Gesichter – sowohl bei den Gästen als auch bei den Verantwortlichen. Der neue Marktchef Reto Lorenzi feierte dabei seine Premiere und konnte gleich mit einem Rekordjahr aufwarten – vermutlich. Denn anders als sein Vorgänger Walter Friedli will sich Lorenzi nicht auf die Äste hinauswagen, was Besucherzahlen anbelangt. --huy
«Unvergleichliche Erlebnisse»
Der Markt der Vielfalt begeistert Tausende Besucher von nah und fern und verzückt den neuen Marktchef
Perfektes Herbstwetter und unzählige Attraktionen sorgten dafür, dass der abwechslungsreichste Markt Bremgartens auch heuer wieder ein voller Erfolg wurde.
Marco Huwyler
Wenn rechts der Schmied auf glühendem Eisen hämmert, links mit einem Rammbock die Burg gestürmt wird, ein Duftgemisch von Kürbissuppe, Feuer und Schokolade in der Luft liegt und Drehorgelmusik genauso wie das Geknatter von altehrwürdigen Oldtimern durch das Rund schallt, dann kann es sich nur um einen Anlass handeln. Der Markt der Vielfalt im Reussstädtli liefert Gross und Klein Jahr für Jahr ganz besondere Eindrücke und Abenteuer. «Ich bin nicht oft im Freiamt», sagt eine Besucherin aus Neuenhof, die mit ihren beiden Mädchen gerade zum Pfeilbogenschiessen ansteht, «aber für diesen Markt kommen wir jedes Jahr unheimlich gerne nach Bremgarten und freuen uns jeweils richtig darauf. Es gibt dermassen viel zu entdecken. Wir könnten tagelang hier verweilen.» Die Mädchen schauen derweil fasziniert der überaus leidenschaftlichen Darbietung eines Dudelsackspielers zu. «Ich glaube, das Instrument haben sie noch gar nie gesehen. Wie so vieles hier. Der Markt der Vielfalt ist ein Erlebnis für alle Sinne, das man sonst wohl nirgends so geboten bekommt.»
Staunen und ausprobieren
Wie der Mutter aus dem Limmattal geht es vielen hier. Insbesondere der historische Handwerkermarkt in den hinteren Gassen der Oberstadt versetzt einen förmlich in eine andere Welt und Zeit. Die handwerklichen Berufe und vergessen geglaubten Techniken des Mittelalters, die hier ausgeübt werden, faszinieren jedes Jahr aufs Neue. Färber, Moster, Schmiede, Spinner, Näher, Flechter, Bildhauer und noch ganz viele mehr zeigen ihr Handwerk – selbstverständlich im jeweils adäquaten Mittelalter-Outfit – auf überaus anschauliche Art und Weise. Überall kann man selber Hand anlegen oder probieren. «Ich bin verblüfft, wie stark der Rückstoss auf einen zurückfedert», lacht ein Mann, der mit dem Hammer gerade auf den Amboss des Hufschmieds geschlagen hat. «Gefühlt zittert mein Körper immer noch.»
Marktthema Schokolade
Im Foyer des Zeughaussaals gibts derweil heuer ein besonderes Highlight für alle Schleckmäuler. Wie sich das für den Markt der Vielfalt gehört, kann man das diesjährige Spezialthema Schokolade in all seinen Facetten erleben und sowohl seine eigene Schokolade kreieren als auch – wovon längst nicht nur die Kinder rege Gebrauch machen – von verschiedenen Schokoladesorten probieren. «Eine wunderbare Gelegenheit, meinen Beruf und meine Leidenschaft einer breiten Bevölkerung näherzubringen», sagt Schokoladensommelier Daniel Rechsteiner, der hier mit seinen süssen Spezialitäten – unter ihnen auch die von ihm mitlancierte Bremgarter Schokolade – einen Stand im Zeughaus betreibt. Unter anderem drei verschiedene Schokolade-Brunnen lassen kleinen und grossen Gästen hier das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Abschied der Wöschwyber
Ein paar Gässchen weiter wringen Vreni Appenzeller und Inge Köpfli über dem Waschzuber ihre weisse Leinenwäsche aus. Sie zeigen den Marktbesuchern neben dem Rathausbrunnen seit vielen Jahren mit viel Engagement, Körperkraft und Leidenschaft, wie man die Kleider einst auch in den Zeiten vor den vollautomatischen Waschmaschinen sauber bekam. Die beiden verbliebenen Wöschwyber taten dies altershalber heuer jedoch zum letzten Mal. «Als wir hier begannen, waren wir noch zu viert», berichtet Köpfli. «Leider sind zwei von uns verstorben. Und auch Vreni und ich mögen langsam nicht mehr in unserem Alter.» Gerne würden sie das Wissen rund um ihr Handwerk aber an etwaige Nachfolger weitervermitteln. «Wer Interesse hat, kann sich gerne jederzeit bei uns melden. Wir würden uns riesig freuen, nächstes Jahr an dieser Stelle jemand anderem beim Wäschewaschen zusehen zu dürfen», sagen die beiden.
Einstand des Marktchefs gelungen
Während die Wöschwyber ihre Dernière begingen, ist der Markt der Vielfalt für Reto Lorenzi an diesem Wochenende eine Premiere. Als Marktchef ist er heuer zum ersten Mal allein verantwortlich. Den Posten hat er Mitte dieses Jahres vom langjährigen Marktchef Walter Friedli übernommen. Gut sichtbar patrouilliert er an beiden Markttagen quer durch Bremgarten, gibt Anweisungen und nimmt die Stimmung auf. Vor dem Wochenende sei er ein wenig nervös gewesen, gibt er zu.
«Ich hatte schon etwas Lampenfieber. Doch ich beruhigte mich mit der Tatsache, dass ich mich wirklich bestmöglich auf meine Aufgabe vorbereitet hatte. Die letzten Wochen waren streng, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt.» Lorenzi ist «total zufrieden» mit seinem «ersten Mal». Nicht bloss, weil der Markt der Vielfalt heuer wohl eine Rekordbesucherzahl begrüssen durfte, «sondern vor allem aufgrund der Feedbacks, die ich von Besuchern und Marktfahrern erhalten habe». Er habe bei seinen Rundgängen eine äusserst fröhliche und positive Grundstimmung wahrgenommen. «Viele waren regelrecht begeistert und haben mir dies auch so zurückgemeldet.»
Nach dem Markt ist vor dem Markt
Für Lorenzi fällt es deshalb gesamthaft kaum ins Gewicht, dass der Markt mit einem Zwischenfall am Sonntag auch eine negative Schlagzeile lieferte (siehe Box). «Solcherlei kann man leider manchmal nicht verhindern. Wenn so viele Menschen aufeinandertreffen, kommen Reibereien halt zuweilen vor.» Trüben lassen will er sich davon die gute Laune über einen ansonsten rundum gelungenen Einstand keineswegs. «Wenn ich mir all die glücklichen Gesichter, die ich an diesen zwei Tagen gesehen habe, nochmals vor Augen führe, dann freue ich mich schon jetzt sehr auf meinen nächsten Markt.» Dieser folgt bereits in gut fünf Wochen. Er wird nicht ganz so vielfältig, dafür aber umso weihnachtlicher.
Polizeieinsatz am Sonntag
Am Sonntagnachmittag gegen 15.30 Uhr kam es in der Marktgasse am Rande des Marktes der Vielfalt zu einem grösseren Polizeieinsatz. Sowohl die Regionalpolizei als auch die Kantonspolizei waren mit mehreren Patrouillen vor Ort.
Ereignet hatte sich eine körperliche Auseinandersetzung zwischen einem Besucher und dem im Einsatz stehenden Sicherheitsdienst. «Offenbar hat sich ein Besucher nicht an die Laufrichtung gehalten», berichtet Corina Winkler, Sprecherin der Kantonspolizei. Am Markt der Vielfalt herrscht in der Marktgasse jeweils ein «Einbahnsystem», um die Besucherströme zu kanalisieren. Nach der barschen Zurechtweisung durch den Security-Mitarbeiter, der die Laufrichtung regeln sollte, kam es zu einem verbalen Disput, in dessen Folge der Marktbesucher dem Sicherheitsdienstmitarbeiter angeblich eine Ohrfeige verpasste. Dieser knebelte den Besucher anschliessend mit Hilfe eines Kollegen ziemlich rabiat und hielt ihn am Boden fest. Danach wurde die Polizei alarmiert, welche mit mehreren Fahrzeugen ausrückte. Verhaftet wurde vor Ort dann aber niemand. «Nach einem klärenden Gespräch war der Einsatz schnell wieder beendet», sagt Winkler. Ob es zu einer Anzeige komme – von welcher Seite auch immer – sei zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. «Das hängt vom weiteren Vorgehen der beteiligten Parteien ab.»
«Unschön und unnötig»
«Es ist unschön und vollkommen unnötig, dass dies passiert ist», sagt Marktchef Reto Lorenzi, der den Vorfall intern aufarbeiten will. «Ein Dialog mit und zwischen den Beteiligten hat bereits stattgefunden.» Man werde zudem vor dem nächsten Markt in einem Briefing die im Einsatz stehende Security weiter dafür sensibilisieren, dass sie wenn immer möglich deeskalierend und besonnen reagieren solle. --huy