Zeigen, wie es sein könnte
14.03.2023 MuriAn der «Usestuehlete» wird die Marktstrasse zu einem lebendigen Ort
Mehr als Parkplätze, mehr als vorbeifahrende Autos. Die Marktstrasse hat mehr zu bieten – und das nicht nur während der grossen Märkte. Davon waren Josef Villiger und die ...
An der «Usestuehlete» wird die Marktstrasse zu einem lebendigen Ort
Mehr als Parkplätze, mehr als vorbeifahrende Autos. Die Marktstrasse hat mehr zu bieten – und das nicht nur während der grossen Märkte. Davon waren Josef Villiger und die Frauen einer Arbeitsgruppe des Muri Energie Forums überzeugt. Gemeinsam lancieren sie nun ein Projekt.
Annemarie Keusch
Es ist genau das, woran sie sich stören. Für das gemeinsame Foto mitten auf der Marktstrasse lässt sich kein Moment finden, an dem nicht aus der einen oder anderen Richtung ein Auto die Strasse passieren will. «Dieser Ort ist doch viel mehr als ein Parkplatz und eine Strasse», sind sie sich einig. Steffi Haller, eine der sechs Frauen, die sich im Rahmen einer Arbeitsgruppe des Muri Energie Forums der Themen Langsamverkehr und Mobilität annimmt, weiss: «Ursprünglich wäre die Marktstrasse als Begegnungszone geplant gewesen.» Mit der «Usestuehlete» will das OK zeigen, dass dies möglich ist. Dass hier, auf der Strasse, gegessen, getrunken, gespielt, getanzt und diskutiert werden kann.
«Ein grosses Miteinander»
Dass die Arbeitsgruppe damit liebäugelt, dass die Begegnungszone Realität wird, ohne dass jeden Tag ein Fest auf der Marktstrasse stattfindet, dazu stehen die Mitglieder. Und trotzdem, sie wollen auf diese Thematik aufmerksam machen, ohne direkte Forderungen zu stellen, ohne über Verbote zu sprechen, ohne zu politisieren. «Es soll einfach ein grosses Miteinander sein», sagt Lea Küng, die im Vorstand des Muri Energie Forums engagiert ist.
Entstanden ist die Idee der «Usestuehlete» nicht nur in ihrer Gruppe, sondern auch bei Josef Villiger, Geschäftsführer des A ltersheims St. Martin. «Für mich ist schon länger klar, dass die Marktstrasse als Ort viel mehr Potenzial hat, als in den letzten Jahren genutzt wird.» Die sechs Frauen und Villiger fanden zusammen, gründeten ein OK, bekamen die Bewilligung und rufen nun die gesamte Bevölkerung dazu auf, mitzumachen. Damit die Marktstrasse am Freitag, 23. Juni, so lebt, wie sie noch nie gelebt hat.
Weil Muri Luft nach oben hat
«Usestuehlete» am 23. Juni an der Marktstrasse soll das Potenzial dieser Strasse aufzeigen
Die einen organisieren vielleicht Livemusik, andere betreiben einen Grillstand, wieder andere servieren Drinks oder bieten Spiele an, mit denen sich die Kinder beschäftigen können. Hier Festbänke, da Sofas, dort eine Bühne. Und über allem bunte Lämpchen. So stellen sich die Organisatoren die «Usestuehlete» an der Marktstrasse vor.
Annemarie Keusch
Wie es genau aussehen wird, das weiss das siebenköpfige OK schlicht nicht. «Das wissen wir erst, wenn wir die Anmeldungen und ihre Ideen kennen», sagt Muriel Käppeli. Sie ist eine der sechs Frauen, die sich in einer Arbeitsgruppe des Muri Energie Forums mit den Themen Langsamverkehr und Mobilität beschäftigt. Und trotzdem, sie stellen es sich natürlich vor, wie es aussehen könnte. Myrta Strebel spricht von einem möglichen Wurststand, einem Parcours für Kinder, einer Lounge, einer Bühne für Livemusik. Es können Marktstände sein, aber auch einfachere Konstruktionen. Vielfalt, das ist den Organisatorinnen wichtig. Ein Konzept gibt es und trotzdem sagen sie: «Darin ist so viel wie nötig und so wenig wie möglich geregelt.»
Ganz viele Möglichkeiten offen lassen, das will das OK nicht nur, wenn es um das Angebot geht. Mitmachen können sollen alle – Firmen, Privatpersonen, Vereine, Gruppierungen. «Einfach alle. Ganz Muri ist angesprochen», sagt Josef Villiger vom Altersheim St. Martin. Beim Apéro mit den Anwohnern der Marktstrasse konnte das OK erste Rückmeldungen einholen. «Sehr positiv. Wo wir davon erzählen, erfahren wir Begeisterung.» Und das siebenköpfige OK erzählts, wo es nur möglich ist. In ihren Familien, in ihren Vereinen, ihren Bekannten im Dorf. «Alle miteinander decken wir ganz schön viele Leute ab», meint Steffi Haller. Zusagen gibts, auch wenn diese noch nicht definitiv sind. Viele sind auf dem gleichen Stand wie Villiger und das St. Martin: «Wir machen sicher etwas, wissen aber noch nicht genau was.»
Im November erste Sitzung
Villiger und die sechs Frauen. Gekannt haben sie sich vorher nicht. Dass die Marktstrasse mehr belebt werden soll, dieser Gedanke hat Villiger schon länger. Konkreter wurde er mit Gesprächen an der Gewerbeausstellung im letzten Herbst. Gleichzeitig kam eine ähnliche Idee auch in der Arbeitsgruppe des Muri Energie Forums auf. «Wir wollen zeigen, wie der Strassenraum auch anders, besser, genutzt werden kann», sagt Myrta Strebel. Weniger Parkplätze auf der Marktstrasse, das hiesse mehr Raum, um sich zu begegnen. «Und solche Orte gibts in Muri noch zu selten», ist sie überzeugt.
Unpolitisch, unkompliziert der Bevölkerung diesen Raum zeigen, darum geht es bei der «Usestuehlete». Valérie Weibel hat einmal spontan einen solchen Anlass miterlebt. «In Adelboden wurde die Hauptstrasse durchs Dorf gesperrt. Innert Minuten entstanden Stände, Sitzmöglichkeiten, einfach ein riesiges Fest. Auf positive Art auf dieses wichtige Thema hinzuweisen und zu begeistern, das ist das Ziel», erzählt sie.
Die verrückteste Truppe
Strasse sperren. Das war der Knackpunkt. Das war der Grund, weshalb zuerst ganz klein gedacht wurde. Beim ersten Treffen im November sprach man noch davon, die Parkplätze temporär zur Begegnungszone werden zu lassen. «Von der Polizei bekamen wir aber die Rückmeldung, dass es fast einfacher ist, die Strasse komplett zu sperren, als einzelne Gebiete abzugrenzen», weiss Villiger. «Noch so gerne», ist auch heute noch die Reaktion darauf. Von 15 bis 3 Uhr ist die Strasse ab dem Chäsiparkplatz bis zur Einmündung in die Seetalstrasse gesperrt. Die Busse umfahren die Strasse. «Auch wir hätten das kaum für möglich gehalten. Aber manchmal muss man einfach den Mut haben, zu fragen», sagt Villiger.
Der Geschäftsführer des Altersheim St. Martin meint lachend, dass dies die verrückteste Truppe sei, mit der er je etwas auf die Beine gestellt habe. Die Begeisterung im Team sei riesig, die Ideen sprudeln nur so. Auch, wenn es darum geht, Bilder des OK zu schiessen. Was darin resultiert, das zig Varianten davon entstehen. Und obwohl es auf dem Foto nicht zu hören ist, Villiger hat eigens dafür eine Box auf die Klostermauer gestellt, aus der laut «Señorita Tequila» dröhnt.
Im «Notfall» Festplatz um Klosterhof vergrössern
Was an der «Usestuehlete» am 23. Juni von 16 bis 3 Uhr alles geboten wird, das können und wollen die Organisatorinnen nicht beeinflussen. Sie koordinieren einzig. «Damit es am Schluss nicht vier Wurststände gibt», meint Steffi Stutz. Sie sorgen für die Beleuchtung, eine einfache Bepflanzung, stellen Strom und Wasser zur Verfügung, wenn das nötig ist, organisieren die WC-Anlagen und ein Abfallkonzept, machen Werbung. «Gebühren muss nur zahlen, wer einen Umsatz erwirtschaftet», erklärt Myrta Strebel. Gewinn wollen sie mit der «Usestuehlete» keinen machen.
Wie viele Personen sich bis Ende April anmelden werden? Auch das steht in den Sternen. «Im Notfall können wir den Festplatz um den Klosterhof vergrössern», meint Steffi Haller. Raum lassen und trotzdem kompakt bleiben, damit Stimmung aufkommt – so wollen sie die verschiedenen Teilnehmenden anordnen. Mal Festbänke, mal Tischchen, mal Sofas, mal Freiraum. Flexibel sein, das muss das OK, wenn es so viel Freiraum und Möglichkeiten bietet. Und etwas Zweites können sie nicht definitiv planen: das Wetter. «Natürlich hoffen wir, dass es schön ist», sagen sie unisono. Schön, um draussen zu spielen, zu essen, zu trinken, zu tanzen, sich zu begegnen.
Mehr Infos und Anmeldung: www.usestuehlete-muri.ch.