Zufriedenheit ist allseits höher
18.07.2025 Muri, GesundheitSpital: Transparente Wartezeit
Als erstes Spital in der Schweiz lancierte das Spital Muri in der Notfallpraxis ein Ticketingsystem. So wissen die Patientinnen und Patienten in Echtzeit, wann sie ungefähr behandelt werden. Nach einem halben Jahr ziehen die ...
Spital: Transparente Wartezeit
Als erstes Spital in der Schweiz lancierte das Spital Muri in der Notfallpraxis ein Ticketingsystem. So wissen die Patientinnen und Patienten in Echtzeit, wann sie ungefähr behandelt werden. Nach einem halben Jahr ziehen die Verantwortlichen ein positives Fazit. --ake
Spital Muri zieht positives Fazit des Ticketingsystems in der Notfallpraxis
Als erstes Spital in der Schweiz hat das Spital Muri bei der Notfallpraxis ein Ticketingsystem eingeführt. Patienten melden sich online an, beantworten Fragen und sehen laufend ihren aktuellen Behandlungszeitpunkt. Stundenlanges Sitzen im Wartezimmer fällt weg. «Ein Erfolg», sagt Chris Heimgartner, Chefarzt Medizin.
Annemarie Keusch
Gähnende Leere im Wartezimmer der Notfallpraxis am Spital Muri. Die Zeitschriften auf dem kleinen Tisch werden weniger gelesen. Dass Patientinnen und Patienten gar auf den Gängen warten, kommt überhaupt nicht mehr vor. Am 21. Januar hat das Spital Muri das Ticketingsystem in der Notfallpraxis eingeführt. Ein halbes Jahr später ist das Fazit äusserst positiv. «Die Zufriedenheit ist gestiegen, bei allen», sagt Chris Heimgartner, Chefarzt Medizin.
Weil Warten etwas ist, was niemand gerne macht. «Wer lange warten muss, wird unzufrieden. Und diese Tatsache erhöht den Druck auf das medizinische Personal.» Dass die Wartezeiten gänzlich verschwinden, das bringt das neue Ticketingsystem nicht mit. Aber anhand der Online-Anmeldung via Website des Spitals Muri werden Behandlungszeiten vergeben. Wer sich anmeldet, erhält eine laufend aktualisierte Zeitangabe. Zu Hause warten, anstatt in den überfüllten Wartezimmern – es ist einer der Vorteile des Ticketingsystems.
Transparente Wartezeit
Seit rund zwölf Jahren gibt es am Spital Muri eine Notfallpraxis. Hier werden Patientinnen und Patienten betreut bei akuten, jedoch weniger schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Beispielsweise, wenn der Hausarzt nicht erreichbar ist. «Grippe ist ein klassisches Beispiel», sagt Philipp Rischer, Leitender Arzt der Notfallpraxis. Auch er schwärmt vom neuen Ticketingsystem. «Es ist intuitiv zu bedienen und verlässlich, wenn man das Programm entsprechend mit vielen Informationen füttert», sagt er. Die Transparenz bezüglich Wartezeiten ist auch für ihn einer der grossen Vorteile. Er betont aber: «Eine Garantie, dass man wirklich in der Minute behandelt wird, die angegeben ist, ist das auch nicht. Eine Behandlung kann immer länger oder kürzer dauern als geplant.» Er sieht Verbesserungen vor allem während der Stosszeiten. Und an den späten Abenden. «Die Patientinnen und Patienten entscheiden sich eher dazu, ein Ticket für den nächsten Morgen zu lösen, anstatt spätabends in den Wartezimmern zu sitzen.» Das ist auch für das medizinische Personal angenehmer. «Weil zu den Bürozeiten am meisten Ärzte vor Ort sind», sagt Chris Heimgartner. Der Anspruch, bei der Behandlung die höchste Qualität zu erreichen, gelte schliesslich auch in der Notfallpraxis.
Triage ist sehr wichtig – auch online oder am Telefon
Nicole Stadelmann, Teamleitung Notfallpraxis, betreut das Ticketingsystem zusammen mit Philipp Rischer. Sie bezeichnet auch den Prozess als äusserst erfolgreich. Das Spital Muri habe sich bei der Entwicklung eingeben können. «Das österreichische Start-up, von dem das System kommt, ging ideal auf uns ein», sagt sie. Während in den ersten ein, zwei Monaten noch gewisse Änderungen getätigt werden mussten, funktioniere das System nun einwandfrei – für Patientinnen und Patienten, aber auch für das Spital-Personal.
Denn Vorteile ergeben sich nicht nur bezüglich Wartezeiten. Via Online-Anmeldung beantworten die Patientinnen und Patienten Fragen. «Wir wollen unbedingt vermeiden, dass Menschen mit wirklichen Notfällen drei Stunden warten.» Mittels Sondierungsfragen wird versucht die Patientinnen und Patienten so zu lenken, wie es für sie am besten ist – Anruf bei 144, Spital-Notfall oder Notfallpraxis. «Das ist nicht immer einfach. Grippale Symptome sind nicht schwierig zuzuordnen, Bauchschmerzen schon eher», sagt Philipp Rischer. Darum seien klare Sondierungsfragen umso wichtiger. Auch weil das medizinische Personal so bereits allfällige Voruntersuchungen aufgleisen und Ärzte entlasten kann. «Allgemein ist das Personal besser vorbereitet», sagt Nicole Stadelmann.
Das wird die Zukunft sein
Anfängliche Skepsis gabs. Auch weil das Spital Muri das Ticketingsystem in der Notfallpraxis als erstes Spital schweizweit eingeführt hat. «Aber diese ist längst verflogen», betont Nicole Stadelmann. Stattdessen steigt das Interesse anderer Spitäler mit Notfallpraxen. «Ich bin überzeugt, dieses Modell und dieses System haben Zukunft.»
Das heisst aber nicht, dass nur noch die Notfallpraxis aufsuchen darf, wer vorher im Internet ein entsprechendes Ticket gelöst hat. «Wir wollen schliesslich niemanden ausschliessen, gerade auch ältere Personen nicht», betont Philipp Rischer. Die Triage erfolgt dann beim Empfang des Spitals Muri. Ist die Notfallpraxis für die Betroffenen die richtige Anlaufstelle, erhalten sie ein Ticket. Auch wenn dadurch der Vorteil, zu Hause warten zu können, entfällt. Schliesslich soll die Notfallpraxis weiterhin allen offen stehen. Und die Zahlen zeigen, dass diese auch gefragt ist. «Früher gabe es kaum Situationen, in denen die Patienten direkt ins Spital kamen. Heute ist das anders. Die Menschen haben auch eine Erwartungshaltung der medizinischen Versorgung gegenüber», weiss Chris Heimgartner. Dass es immer weniger Hausärzte gibt, sei auch einer der Gründe, weshalb es Notfallpraxen gibt und die Zahlen stetig steigen. Heimgartner betont gleichzeitig, dass das neue Ticketingsystem nicht das Ziel verfolge, möglichst viele ambulante Patienten ans Spital Muri zu holen. «Es geht darum, zu optimieren. Nach einem halben Jahr dürfen wir sagen, dass uns dies gelungen ist.»
Öffnungszeiten Notfallpraxis: Montag bis Freitag, 9 bis 21 Uhr; Samstag, Sonntag und Feiertage, 10 bis 21 Uhr.