Zuverlässigkeit in Person
25.07.2025 Villmergen, Muri, Region Unterfreiamt, PorträtDen Stern im Blut
Werner Weibel war fast 50 Jahre bei der Robert Huber AG
1975 begann er seine Lehre hier. Jetzt geht er am gleichen Ort in Pension. Werner Weibel war seiner Firma treu.
Chregi Hansen
...Den Stern im Blut
Werner Weibel war fast 50 Jahre bei der Robert Huber AG
1975 begann er seine Lehre hier. Jetzt geht er am gleichen Ort in Pension. Werner Weibel war seiner Firma treu.
Chregi Hansen
Mehrere Tausend Male ist er den Weg von Boswil nach Muri gefahren. «Wenn es schön ist, hat man einen wunderbaren Blick in die Berge. Die letzten Male habe ich mich ertappt beim Gedanken, dass ich in Zukunft einfach mal anhalte, mich auf eine Bank setze und die Aussicht geniesse», sagt Werner Weibel.
Das kann der gelernte Automechaniker (heute Automobil-Mechatroniker) schon bald. Ende nächste Woche geht der gebürtige Villmerger, der heute in Boswil lebt, in Pension. In Villmergen hat er im Mai 1975 seine Lehre begonnen, bei der Robert Huber AG. Im gleichen Betrieb, aber in der Murianer Filiale, beendet der 65-Jährige jetzt seine Arbeitstätigkeit. Dass er nicht auf 50 Jahre Firmentreue kommt, liegt daran, dass er nach der Lehre für zwei Jahre in einer anderen Garage tätig war. Auf Anraten der Vorgesetzten, die es gut finden, wenn ihre Leute nach dem Abschluss noch Erfahrungen an einem anderen Ort sammeln. Kurze Zeit später war er zurück in der Mercedes-Garage.
Die Marke mit dem Stern hat es Weibel schon früh angetan. «Es war etwas Besonderes, in einem solchen Betrieb zu arbeiten. Und ein solches Fahrzeug zu fahren», sagt er heute. Der Marke wird er privat weiter treu bleiben. In der Werkstatt aber wird er nur noch selten vorbeischauen. Lieber geniesst er in Zukunft die Aussicht. Oder fährt gleich weiter in die Berge.
Der ehemalige Villmerger Werner Weibel geht nach (fast) 50 Jahren bei der Robert Huber AG in Pension
Im Mai 1975 hat Werner Weibel die Lehre bei der Villmerger Mercedes-Garage angetreten. 50 Jahre später wird jetzt in der Murianer Filiale sein Abschied gefeiert. Betriebsleiter Roland Trottmann lässt ihn nur ungern gehen. Weibel selber steht für knifflige Arbeiten weiterhin zur Verfügung.
Chregi Hansen
«So einen wie ihn findet man so schnell nicht wieder», so das grosse Lob von Roland Trottmann. Der Betriebsleiter der Murianer Garage kennt Werner Weibel seit über 40 Jahren. «Er war schon da, als ich damals bei der Robert Huber AG angefangen habe. Und als ich später sein Vorgesetzter wurde, meinte er bloss: Gut, dass du das machst. Ich könnte das nicht.»
Das passt. Werni, wie ihn alle nennen, steht nicht gern im Mittelpunkt. Lieber schraubt es an einem Fahrzeug herum. Als loyal, zuverlässig und herzensguter Mensch bezeichnet Trottmann seinen Mitarbeiter. Einer, auf den man sich immer verlassen konnte. An diesem Abend ist er aber nun die Hauptperson. In der Murianer Filiale des Aargauer Familienunternehmens wird er gebührend verabschiedet. Nach 50 Jahren Firmentreue. «Es waren eigentlich nur 48», korrigiert er gleich selbst. Und überhaupt. Heute sei gar nicht sein letzter Tag. Pflichtbewusst, wie er ist, arbeitet er bis zum 31. Juli. «Dann gibt es auch ein grosses Znüni für alle», verspricht er.
Erfahrungen sammeln an einem anderen Ort
Dass es nicht 50 Jahre beim gleichen Betrieb geworden sind, liegt an einem kurzen Wechsel nach der Lehre in eine Garage in Baden. «Das entspricht unserer Philosophie», sagt Verwaltungsratspräsident Philipp Zumstein, der sich diesen besonderen Abschied auch nicht entgehen lässt. Schliesslich kennt er Weibel seit Jahrzehnten. «Wir finden es gut, wenn unsere Lehrlinge nach ihrem Abschluss Erfahrungen an einem anderen Ort sammeln. Sonst besteht die Gefahr, dass man immer der Lehrling bleibt im Betrieb. Ganz viele kommen nach zwei bis drei Jahren zurück. Mit neuen Ideen und Erfahrungen», so Zumstein weiter. Das gilt auch für Weibel, der schon zwei Jahre später wieder nach Villmergen wechselte. «Ich mochte die Arbeit und die Leute da. Und ich wohnte ja in Villmergen, hatte daher einen kürzeren Arbeitsweg», sagt er heute.
Aufgewachsen ist der angehende Pensionär in der «Hämbere», dem kleinen Weiler Hembrunn zwischen Villmergen und Dottikon. Dass er einmal Automechaniker werden würde, war nicht klar. «Ich hätte mir verschiedene Berufe vorstellen können. Habe auch an verschiedenen Orten geschnuppert. Es war meine Mutter, die mir den Rat gab, entweder Elektriker oder Automechaniker zu werden», erzählt er. Er hat sich dann für die Autos entschieden und eine Lehrstelle bei der Robert Huber AG in Villmergen erhalten. «Bei einer Mercedes-Garage zu arbeiten, das war schon etwas Besonderes. Die Autos hatten und haben eben einen guten Ruf», sagt er. An seinen ersten Tag im Betrieb erinnert er sich noch gut. Er durfte bei einem Radwechsel an einem Rover mithelfen.
2003 nach Muri gewechselt
Die Robert Huber AG wuchs immer weiter, Werner Weibel blieb. Im Jahr 1998 wurde die A. Kobler AG in Muri übernommen. «Wir waren in Muri knapp an Leuten. Und uns war der Austausch zwischen den beiden Betrieben wichtig. So haben viele für einige Monate in anderen Betrieben gearbeitet», sagt Zumstein, der die Firma 1996 übernommen und die operative Leitung inzwischen seinem Sohn übergeben hat. Weibel wechselte 2003 nach Muri – nicht für ein paar Monate, er blieb gleich für immer. «Der neue Werkstattchef in Muri war früher einmal mein Lehrling. Er hat mich mit einem Essen bestochen», schmunzelt er. Der Wechsel kam ihm nicht ungelegen, denn Weibel lebte mit seiner Frau inzwischen in Boswil, war dort in der Feuerwehr aktiv. «Der Weg blieb gleich lang. Statt Richtung Wohlen fuhr ich einfach Richtung Muri», sagt er.
Spezialist für Transporter
Trotzdem: Ein solcher Wechsel nach 25 Jahren im Villmerger Betrieb, er war nicht ganz einfach. «Es war schon ein Unterschied», sagt er heute. «In Villmergen hatten wir einen ganz modernen Betrieb mit besten Arbeitsbedingungen, Muri war damals eine sehr alte Garage», erinnert er sich. Er hat sich aber auch am neuen Ort schnell wohl gefühlt. Dies auch darum, weil die Robert Huber AG den Bereich der Nutzfahrzeuge nach Muri verlegte. Und Weibel sehr gerne an Transportern arbeitete. Hingegen konnte er sich nie für Fahrzeuge mit Elektroantrieb erwärmen. Diese Entwicklung habe er nicht mehr mitgemacht und verzichtet, entsprechende Kurse zu besuchen, erklärt er. Ansonsten hat er sich stets auf dem Laufenden gehalten auch etliche Weiterbildungen besucht und auch einige Lehrlinge ausgebildet.
«Ich habe meinen Beruf immer gemocht. Ich würde ihn wohl auch ein zweites Mal wählen», sagt er. Einziger Wermutstropfen sind die körperlichen Beschwerden nach so vielen Jahren Basteln an Autos. Vor allem die Knie machen ihm Sorgen. Wegen der Beschweren musste er auch mit dem Tennisspielen aufhören. Zuvor waren er und seine Frau Romy Mitglied des Tennisclubs Rigacker und nach dessen Auflösung in Dottikon. Mit einen Tenniskollegen war er auch mehrfach als Zuschauer am Swiss Open in Gstaad. Diesen Ausflug konnte er verbinden mit einem Besuch bei seinem Bruder Hugo Weibel, damals Chef de Cuisine im feudalen Hotel Palace. «Einmal hat er uns eine Übernachtung ermöglicht. Aber als Normalsterblicher kommt man sich komisch vor unter all den Reichen in ihren Pelzmänteln», schmunzelt er.
Bleibt ein gern gesehener Gast
Es ist spürbar: Werni Weibel fühlt sich im beschaulichen Freiamt wohler als im feudalen Gstaad. Allerdings unternimmt er auch gerne Reisen. Eine solche steht kurz bevor, zusammen mit seiner Frau geht es ins Südtirol. Das Aufhören falle ihm, auch wenn er seinen Beruf immer noch mag, leicht. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht mehr in der Garage anzutreffen sein wird. «Er hat schon zugesagt, dass wir ihn anrufen können, wenn wir ein Problem mit einem älteren Fahrzeug haben. Da braucht es eben Fachmänner mit viel Erfahrung», freut sich Betriebsleiter Trottmann. Und auch Zumstein ist froh, dass der Betrieb weiter auf Weibel zählen kann, wenn Not am Mann ist. «Er ist immer gern gesehen in einer unserer Garagen», betont der Verwaltungsratspräsident.
«So etwas findet man heute kaum noch»
An diesem Abend wird aber erst einmal gefeiert. Verwandelt sich die Garage in einen Festplatz. Ganz viele sind gekommen, auch einige frühere Arbeitskollegen, die Weibel schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat. «Wir haben viele langjährige Mitarbeiter. Aber Werner Weibel ist schon etwas Besonderes», sagt Philipp Zumstein. Und auch dessen Sohn Manuel Zumstein, der neue CEO der Robert Huber AG, lobt die Firmentreue. «Werni war schon hier, als ich noch gar nicht geboren war. So etwas findet man heute kaum noch», betont dieser in seiner kurzen Dankesrede.
Auch er hebt die Herzlichkeit und die Zuverlässigkeit Weibels hervor. Und freut sich über den guten Zusammenhalt im Betrieb und die Firmentreue vieler Angestellter. Als Beweis hat Manuel Zumstein ein Bild des Werkstattteams von 1981 dabei. «Von den Männern auf dem Bild habe ich später alle bis auf zwei noch kennengelernt. Und diese zwei sind heute mit dabei, das freut mich sehr.» Auch Weibel freut sich, auch wenn ihm das grosse Trara eher unangenehm ist. «Schön, dass ihr euch Zeit genommen habt, hierherzukommen. Ich habe in Zukunft ganz viel Zeit», sagt er schmunzelnd. Und macht sich daran, das Buffet zu eröffnen.