5. Generation übernimmt
13.02.2024 Region Bremgarten, ZufikonGiampiero Rocchinotti ist seit Anfang Januar Geschäftsführer der 104-jährigen Rocchinotti Bau AG
1920 wurde die heutige Rocchinotti Bau AG durch Angelo Rocchinotti in Bremgarten gegründet. 1984 zog sie an den Standort in Zufikon. Anfang Januar ...
Giampiero Rocchinotti ist seit Anfang Januar Geschäftsführer der 104-jährigen Rocchinotti Bau AG
1920 wurde die heutige Rocchinotti Bau AG durch Angelo Rocchinotti in Bremgarten gegründet. 1984 zog sie an den Standort in Zufikon. Anfang Januar übernahm mit dem 27-jährigen Giampiero Rocchinotti die 5. Generation das Familienunternehmen.
Roger Wetli
Vater und Sohn sitzen in Eintracht zusammen und erzählen über die Übergabe des Familienunternehmens. Dabei ist weder Reue noch Groll, sondern Stolz und gegenseitiges Vertrauen zu spüren: So wirken der 63-jährige Renato Rocchinotti und der 27-jährige Giampiero Rocchinotti im Gespräch. Beide bestätigen: «Es ist gut so, wie es jetzt ist.» Der Sohn betont: «Dieses Vertrauen meines Vaters in mich bedeutet mir viel. Das macht die Übernahme einfach.» Renato Rocchinotti bleibt weiterhin im Hintergrund als stellvertretender Geschäftsführer tätig. Bei Fragen seines Sohnes ist er gut erreichbar, kümmert er sich doch im gleichen Büro um die Rocchinotti Bauinvest AG, welche Private und Firmen bei ihren Bauvorhaben berät, diese aber auch zusammen mit der Rocchinotti Bau AG umsetzt.
Druck und Vorteil zugleich
Mit Giampiero Rocchinotti übernimmt die 5. Generation das 104-jährige Bauunternehmen mit aktuell 30 Angestellten. «Diese lange Familientradition hat ihre Vor- und Nachteile», ist sich Giampiero Rocchinotti bewusst. «Denn einerseits kann ich auf dem aufbauen, was die Generationen vor mir vorgeleistet haben, andererseits verspüre ich den Druck, dieses Unternehmen nicht an die Wand zu fahren.» Sein Vater pflichtet ihm bei: «Dieser Druck war auch bei mir irgendwie ständig präsent in den 24 Jahren, in denen ich das Unternehmen geführt habe.» Ihm hat dabei geholfen, zu akzeptieren, dass es Faktoren gibt, die er nicht oder nur schwer beeinf lussen kann. «Dazu zählt etwa die Weltwirtschaftslage. Diese hat unmittelbaren Einfluss auf die Baubranche.»
Sehr stark empfinden Vater und Sohn, dass sie beide mit dem Familiennamen für das stehen, was die Firma baut. «Mein Ziel ist es, dass diese Marke weiterhin glänzt», erklärt Giampiero mit Nachdruck. Wie sein Vater möchte er die Werte Qualität und Fairness hochhalten. Das gelte sowohl gegenüber den Auftraggebern wie auch zu den Angestellten. «Wir bauen so, dass wir am liebsten selbst darin wohnen möchten», unterstreicht Renato Rocchinotti ein Firmencredo. Er gibt zu bedenken: «Viele unserer Bauten überleben uns.» Giampiero betont die Regionalität der Rocchinotti Bau AG. «Unsere vier eigenen und die angemieteten Kräne stellen wir nie weit von Zufikon entfernt auf. Das ist ein gutes Zeichen. Denn es bedeutet, dass unsere Arbeit weiterempfohlen wird.»
Intensiv gespürt, dass er bereit ist
Die Geschäftsführung und das Bauwesen sind Giampiero Rocchinotti quasi in die Wiege gelegt worden. «Natürlich hörte ich früh Gespräche mit und bildete mir eigene Meinungen. Diese musste ich später der Realität anpassen, weil mir schlicht nicht alle Fakten bewusst waren», schmunzelt er. «In die Rolle des Geschäftsführers gedrängt wurde ich aber nie. Im Gegenteil: Mein Vater hat mich eher davor gewarnt.» Renato Rocchinotti gibt zu bedenken: «Ich beobachte Giampiero seit seiner Geburt. Ich habe jetzt ganz intensiv gespürt, dass er bereit für diese Aufgabe ist, und ihn machen lassen, damit er Selbstvertrauen aufbaut.» Sein älterer Bruder und seine Schwester hätten kein Interesse am Familienunternehmen gezeigt, Giampiero Rocchinotti aber schon. So absolvierte er bereits die Maurerlehre mit dem Hintergedanken, im Familienbetrieb einzusteigen.
Bei der Fischer AG in Jonen durfte Giampiero Rocchinotti früh Führungspositionen einnehmen und eigene Baustellen leiten. «Mein noch junges Alter war dabei nie ein Problem», blickt er zurück. Ab Herbst 2016 stiess er Teilzeit ins Familienunternehmen und absolvierte nebenbei die Ausbildung zum Betriebswirtschafter. «Dort lernte ich, wie man sowohl ein Unternehmen wie auch seine Mitarbeiter führt», lobt Giampiero Rocchinotti. Als diese fertig war, stieg er 2019 Vollzeit ein.
Bereits ein Jahr später, im Jahr 2020, läutete sein Vater den Ablösungsprozess ein, indem er seinem Sohn Schritt für Schritt mehr Verantwortung übergab. Giampiero Rocchinotti zur Seite steht der Bauführer Mirco Wendel, der im Familienbetrieb bereits seine Lehre absolvierte. «Er ist für mich sehr wichtig», betont Giampiero Rocchinotti. «Wobei wir generell in der Firma flache Hierarchien haben und uns auf Augenhöhe begegnen. Jeder hat seine Aufgaben, ohne die das Unternehmen nicht funktionieren würde.»
Immer noch draussen unterwegs
Viel ändern möchte der Sohn im Unternehmen jetzt nicht. «Wir hinterfragen die Abläufe und versuchen sie zu optimieren. Die Firma übernehme ich in einem Top-Zustand.» Einzig die Denkmalpf lege möchte Giampiero Rocchinotti noch ausbauen, weshalb er in diesem Bereich eine Weiterbildung besucht. Er hat in knapp zehn Jahren den Schritt von der Baustelle in die Geschäftsleitung geschafft. Vermisst er die Front? «Manchmal. Und früher mehr», gesteht er. «Mittlerweile machen mir meine neuen Aufgaben aber genauso viel Spass wie das Bauen. Wenn nicht noch mehr. Zudem bin ich oft draussen bei den Kunden und Mitarbeitern.»
Als ausgebildeter Fachmann und Besitzer eines Lastwagenfahrausweises springt er auch auf der Baustelle ein, wenn mal Not am Mann ist. Das hat bereits auch sein Vater so gehandhabt. «Diese Situation kommt mindestens einmal pro Jahr vor», lachen beide. Und auch Mirco Wendel lebt diese Mentalität und steigt mal selbst in die Hosen.
Bei Renato Rocchinotti wird es trotz Übergabe der Geschäftsführung jetzt nicht ruhiger. «Das würde auch nicht zu mir passen», lacht er. «Ich kann mich jetzt besser auf die Rocchinotti Bauinvest AG konzentrieren und dort meine jahrelange Erfahrung und die vielen Beziehungen nutzen. Es wird mir nicht langweilig. Als stellvertretender Geschäftsführer bin ich immer noch da, wenn es mich braucht, zum Beispiel, wenn Giampiero in den Ferien ist. Entscheiden sollen aber er und Mirco Wendel.»