Den Konflikten auf der Spur
21.06.2024 Region Oberfreiamt, WaltenschwilDer Waltenschwiler Christof Burkard veröffentlicht mit «Starkstrom» seinen ersten Krimi
Das Schreiben ist für ihn nicht neu. Auch der Einblick in die Justiz nicht. Nun verbindet Christof Burkard beides zu einem Krimiroman. «Starkstrom» ...
Der Waltenschwiler Christof Burkard veröffentlicht mit «Starkstrom» seinen ersten Krimi
Das Schreiben ist für ihn nicht neu. Auch der Einblick in die Justiz nicht. Nun verbindet Christof Burkard beides zu einem Krimiroman. «Starkstrom» erschien diese Woche. Der Autor sagt: «Ich finde es einfach unglaublich spannend, wie Menschen mit Konflikten umgehen.»
Annemarie Keusch
Ein toter Gewerkschafter. Und ausgerechnet bei einem Atomkraftwerk wird er angeschwemmt. Es ist der Einstieg in «Starkstrom», dem Krimi von Christof Burkard. Pereda heisst der Tote, war bekannt für sein überschäumendes Temperament, stand im Brennpunkt der Politik. Eine delikate Situation für Kommissar Blum, höchste Diskretion ist gefragt. Die Ermittlungen führen in die Schweizer Energiewirtschaft und in eine von Migration geprägte Gesellschaft voller kalter Wut. Christof Burkard beschreibt seinen Krimi als Verbrechen auf der Bühne der Elektrizitätswirtschaft und der Sozialpartnerschaft.
Wie kam es überhaupt dazu, dass der Jurist zum Krimiautor wurde? «Ich habe immer gerne geschrieben», sagt er. Burkard publizierte etwa während der Pandemie ein Märchenbuch. Zusammen mit seiner Frau Hildegard Keller führt er den Verlag «Edition Maulhelden», Burkard ist Mitautor der Newsletter, zusammen bieten sie Stadttouren unter dem Titel «Kriminelles Zürich» unter dem Brand www. maulhelden.ch an. Zudem leitet seine Frau Schreibworkshops, an denen Burkard jeweils eine Rolle übernimmt. «Immer mehr wuchs der Wunsch, einmal eine längere Geschichte in einem Zug zu schreiben.» Wobei in einem Zug schliesslich eineinhalb Jahre dauerte.
Streiks auch in der Schweiz mehr und mehr ein Thema
Christof Burkard ist Jurist, arbeitete über die Jahre in ganz unterschiedlichen Bereichen des Metiers. Bei Verbänden – aktuell arbeitet er beim Schreinermeisterverband – erhielt er Einblick in die Anliegen und Sorgen der Arbeitgeber, bei der Opferhilfe sah er in die Abgründe der Menschheit und was die Folgen davon in Opfern auslösen können. «Ich habe eine grosse Faszination dafür, wie wir als Menschen mit Konflikten, mit Aggressionen, mit Problemen umgehen», sagt er. In der Schweiz war es lange oft der Verhandlungsweg, der zu Lösungen führte. In den letzten Jahren habe sich dies gewandelt, auch dem Beispiel der grösseren Nachbarländer angenähert. Regelmässige Kurzstreiks gibt es mittlerweile auch in der Schweiz. «Es geschieht immer mehr, dass das Gegenüber als Feind angeschaut wird, anstatt als Partei, mit der eine Lösung gefunden werden muss, die für beide stimmt.»
Es sind solche Erfahrungen, solche Erkenntnisse, die Burkard – der auch Mediator ist – in «Starkstrom» einfliessen lässt. Dass die Aggressions- und Verhandlungskultur seiner Geschichte einen Rahmen bilden soll, war für ihn entsprechend früh klar. Der gebürtige Waltenschwiler, der seit Jahren in Zürich lebt, formuliert es ganz einfach. «Ich mag Probleme, irgendwie.» Und Probleme gibt es in «Starkstrom» ganz viele. Nicht zuletzt auch jene von Kommissar Blum, der zwar mit einem siebten Sinn, aber nicht mit Struktur und Ordnung überzeugt. Burkard zeichnet in seinem Krimi viele Charaktere. «Vielleicht etwas zu viele», sagt er selbstkritisch. Dass mehrere als Täter infrage kommen, im Rückblick aber die Spur klar wird, die während des Romans gezogen wurde, das war sein Anspruch. «Weil das erst einen gelungenen Krimi ausmacht.»
Verhandeln hilft, auch wenn es mühsam ist
Die Veränderung des Umgangs mit Konflikten stimmt Burkard nachdenklich. «Ich habe das über Jahrzehnte immer wieder beobachtet. Die Provokationen nehmen zu, die Gesprächskultur geht verloren, auch aufgrund konkreter Geschehnisse in der Schweiz.» Burkard nennt den Streik in den SBB-Werkstätten von Bellinzona, aber auch Massenentlassungen, die es in verschiedenen Betrieben in der Schweiz gab. Mehrmals hat Burkard in solchen Situationen für gute Sozialpläne für die Entlassenen mitverhandelt.
Aber Burkard weiss auch: «Im Vergleich zu anderen Ländern sind wir in der Schweiz Lämmer, was dieses Thema betrifft.» Und trotzdem sei das Lohnniveau in der Schweiz höher als etwa in den grösseren Nachbarländern, in denen beispielsweise die Streikkultur viel verbreiteter ist. «Das zeigt, dass die Problemlösetaktik, das Verhandeln sicher nicht die schlechteste Lösung sind, auch wenn es mühsam ist und viel Zeit und Energie braucht.»
Auch Elemente des Freiamts finden sich
Eineinhalb Jahre hat Christof Burkard an «Starkstrom» geschrieben, die Figuren entwickelt, die Handlung gestrafft. So, wie er auch seinem Hobby, der Malerei, nachgeht. «Auch da merkt man erst nach dem ersten Entwurf, was falsch ist», führt er aus und lacht.
Ein grosser Teil der Handlung spielt im Aaretal, aber auch Elemente des Freiamts finden sich im Kriminalroman wieder. «Etwa Begegnungen mit Graureihern an der Bünz.» Das überrascht insofern nicht, weil Christof Burkard den Kontakt ins Freiamt pflegt. Seit über einem Jahr ist er beispielsweise Mitglied der Kulturkommission Waltenschwil. Im einstigen Elternhaus führt er noch immer ein Atelier, dort, wo seine Eltern einst einen der Dorfläden führten. «Waltenschwil, das Freiamt, ist Heimat, Nostalgie, auch wenn sich das Dorf stark entwickelt hat.»
Entsprechend ist es ihm wichtig, seinen Kriminalroman auch hier zu präsentieren. Am 20. Oktober ist eine Lesung im Kraftwerk-Museum in Bremgarten geplant, weitere Lesungen im Freiamt sollen folgen. Und auch das nächste Buch ist schon geplant. «Es hat mir viel Spass gemacht, darum schreibe ich schon am zweiten Krimi.» Dieser wird in der Fleischbranche spielen – schliesslich arbeitete Burkard auch eine Zeit lang im Metzgerverband und hat auch dort viel erlebt, das sich bestens in einen Krimi einbauen lässt.