Energiepreise sinken wieder
20.09.2024 Wirtschaft, Region Wohlen, Region Bremgarten, Region Unterfreiamt, Region OberfreiamtDezentrale Produktion und Elektromobilität sind grosse Herausforderungen fürs Stromnetz
Der Strompreis liegt weiterhin höher als Anfang 2022, aber mit sinkender Tendenz. Und die Versorgungssicherheit scheint vorerst gewährleistet zu sein.
...Dezentrale Produktion und Elektromobilität sind grosse Herausforderungen fürs Stromnetz
Der Strompreis liegt weiterhin höher als Anfang 2022, aber mit sinkender Tendenz. Und die Versorgungssicherheit scheint vorerst gewährleistet zu sein.
Thomas Stöckli
Der Strompreis-Schock hat im Januar 2023 auch das Freiamt hart getroffen. Durchschnittlich stieg der Strompreis um 34 Prozent. Dank der strategischen Beschaffung in mehreren Tranchen konnten die Elektras mancher Gemeinden die massive Preissteigerung etwas abfedern, andere, die auf den Spontankauf auf dem Freien Markt gesetzt hatten – was in den letzten Jahren günstiger gewesen war –, bekamen die Kostenexplosion mit voller Wucht ab. Die Folge waren Preiserhöhungen um 150 Prozent und mehr.
Ähnliches Preisniveau wie 2006
In den letzten Wochen haben verschiedene Freiämter Gemeinden eine Entspannung kommuniziert. «Im Moment gehen wir davon aus, dass die Strompreise in den nächsten beiden Jahren weiter sinken werden», bestätigt Peter Lehmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Energiedienstleisters ibw in Wohlen, das Gesamtbild. «Wir haben bereits erste ‹Stromtranchen› für die Jahre 2026 und 2027 zu guten Konditionen eingekauft.»
Die elektrische Energie macht jedoch nur einen Teil des gesamten Strompreises aus: «Ebenso wichtig ist die Entwicklung der Netznutzungskosten und der Abgaben an die öffentliche Hand. Sollte also beispielsweise der Bund neue Abgaben einführen oder bestehende Abgaben erhöhen, könnte dies die erhofften Preissenkungen wieder dämpfen», führt Peter Lehmann aus. Der Strompreis liegt zwar weiterhin höher als vor der Preisexplosion im Jahr 2022. Lehmann relativiert aber: «Die Strompreise waren in den Jahren 2010 bis 2020 extrem tief.» Dagegen hatten sie sich bis etwa 2006 auf ähnlichem Niveau wie heute bewegt.
Keine erhöhte Gefahr
Um die Energieversorgung muss man sich gemäss ibw derzeit keine Sorgen machen. «Natürlich können unvorhergesehene Ereignisse jederzeit zu Ausfällen führen, aber grundsätzlich sehen wir keine erhöhte Gefahr», hält der ibw-Geschäftsführer fest. Auch 2022/23, als die Angst vor Strommangel oder ausbleibenden Gaslieferungen gross war, habe zu keinem Zeitpunkt ein wirklicher Mangel an Energie bestanden. «Die Preisexplosion basierte einzig und allein auf Ängsten und Unsicherheiten – und darauf reagieren Märkte nun mal extrem sensibel.»
Welche konkreten Herausforderungen stellen sich denn bezüglich Versorgungssicherheit? Die Zunahme der dezentralen Stromproduktion sowie die steigende Zahl von Ladestationen für die Elektromobilität belasten das Stromnetz vermehrt. Entsprechend sind die Verteilnetzbetreiber gefordert, für Stabilität zu sorgen. Die ibw setze sich mit dieser Entwicklung schon seit vielen Jahren aktiv auseinander. «Auf überregionaler Ebene ist es sicher sinnvoll, dass die Schweiz im Rahmen der Energiestrategie 2050 und des neuen Stromgesetzes darauf hinarbeitet, die Stromeffizienz zu verbessern und den benötigten Strom so weit als möglich im Inland zu produzieren», blickt Lehmann über den Tellerrand hinaus.
Preisentwicklung hängt von vielen Faktoren ab
Und auch wenn die Endkundinnen und -kunden in der Schweiz nach wie vor sehr selten von Stromausfällen betroffen sind, empfiehlt es sich doch, die eine oder andere Vorkehrung zu treffen. Bei einem kurzzeitigen Stromausfall kann eine kleine Powerstation von Nutzen sein.Wer ein Photovoltaikanlage hat, solle darauf achten, dass diese not- oder ersatzstromfähig sei. «Und wir empfehlen allen Kundinnen und Kunden, stets einen Notvorrat an Trinkwasser bereitzuhalten», sagt der ibw-Geschäftsführer und konkretisiert: «Mindestens rund neun Liter pro Person.» Denn auch die Wasserversorgung ist vielerorts bei Stromausfällen nicht gewährleistet. Je nach Topografie ist sie aufgrund von Pumpen vom Stromnetz abhängig. Zumindest wirkt sich beim Wasser kaum ein Markt mit schwankenden Kursen aus. Die Versorgung erfolgt zu kostendeckenden Preisen. «Mit der Wasserversorgung darf kein Gewinn gemacht werden», so Lehmann.
Wie beim Strom verfolgt die ibw auch beim Gas eine langfristig ausgerichtete Beschaffungsstrategie, und auch hier sei der Trend grundsätzlich positiv. Mit konkreten Versprechungen sei man jedoch zurückhaltend, so Peter Lehmann, denn die Preisentwicklung hänge letztlich von vielen Faktoren ab, «etwa von den Witterungsverhältnissen in den Wintermonaten, vom Energiebedarf in anderen Erdteilen, insbesondere in Asien, oder vom weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs.» Ähnliches gilt für den Ölpreis. Die Benzinpreise sind im Vergleich zu vor zwei Jahren massiv gesunken. Ob sich der Trend fortsetzt oder sich das Preisniveau zumindest stabilisiert, das dürfte stark von der politischen Entwicklung im Nahen Osten abhängen.