Erstmals wieder ein Minus
21.03.2025 Region Unterfreiamt, VillmergenRechnungsabschluss der Gemeinde Villmergen – Steuerfusserhöhung könnte Thema werden
Man hatte sich daran gewöhnt: In den letzten Jahren hatte die Gemeinde Villmergen stets ein Minus budgetiert, aber mit einem Überschuss abgeschlossen. Diesmal ist ...
Rechnungsabschluss der Gemeinde Villmergen – Steuerfusserhöhung könnte Thema werden
Man hatte sich daran gewöhnt: In den letzten Jahren hatte die Gemeinde Villmergen stets ein Minus budgetiert, aber mit einem Überschuss abgeschlossen. Diesmal ist es anders. Trotzdem fällt die Rechnung besser aus als erwartet.
Chregi Hansen
Für das Jahr 2021 war ein Minus von 1,5 Millionen budgetiert und schloss die Rechnung mit einem Plus von 250 000 Franken ab. Im folgenden Jahr erlebte Villmergen einen wahren Geldsegen, mit einem Plus von 3,9 Millionen statt einem Minus von 300 000 Franken. Und auch die Rechnung 2023 schloss mit einem Ertragsüberschuss von 2,166 Millionen Franken ab. Budgetiert war ein Aufwandüberschuss von rund 820 000 Franken.
Doch jede Serie endet irgendwann. In diesem Jahr weist die Gemeinde Villmergen zum ersten Mal seit 2006 ein Defizit aus. Unter dem Strich weist die Rechnung der Einwohnergemeinde ein Minus von 286 000 Franken aus. Das klingt erst einmal nach einem schlechten Ergebnis. Allerdings sah das Budget ein Minus von gar 846 000 Franken vor. Insofern ist der Abschluss auch diesmal besser als erwartet. Und zwar um 660 000 Franken.
Höhere Steuereinnahmen
Trotz des Verlusts ist der Gemeinderat mit der Rechnung grundsätzlich zufrieden, da ein deutlich höheres Minus budgetiert war, erklärt Gemeinderat Renato Sanvido. Dass nun erstmals wieder ein Defizit eingefahren wurde, sei nicht dramatisch. «Bereits in den letzten Jahren wurde regelmässig ein negatives Ergebnis budgetiert», erklärt er. «Dank verschiedenen positiven Sondereffekten schlossen die Rechnungen aber erfreulicherweise immer mit Überschüssen ab. Dies wirkte sich auch positiv auf die Verschuldung aus, welche sich dadurch deutlich reduzierte.»
Das bessere Ergebnis ist vor allem auf höhere Steuereinnahmen zurückzuführen. Diese liegen bei rund 20,2 Millionen Franken, das sind 990 000 Franken mehr als budgetiert. Den grösseren Teil der Mehreinnahmen verdankt die Gemeinde den ordentlichen Steuern bei den natürlichen Personen, die deutlich höher ausfielen als gedacht. Dazu kamen Nachträge aus früheren Jahren, diese fielen mit fast 1,7 Millionen um 293 000 Franken besser aus als erwartet. «Dieser Mehrertrag bei den Steuern ist einerseits auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen, andererseits aber auch auf eine leicht höhere Steuerkraft», erklärt Sanvido. Aus diesem Grund erwartet der Gemeinderat, dass dieser höhere Ertrag nachhaltig sein wird.
Mehrkosten bei Pflege
Den Mehreinnahmen bei den Steuern stehen aber auch Mehrausgaben in verschiedenen Bereichen gegenüber. Dazu gehören vor allem die Restkosten für die Pflegefinanzierung, welche im ganzen Kanton stark steigen. Budgetiert waren hier 865 000 Franken, bezahlen muss Villmergen für das vergangene Jahr 1,261 Millionen Franken, also fast 400 000 Franken oder 46 Prozent mehr. «Diese Entwicklung bereitet uns Sorgen», gibt der Finanzminister zu. «Aufgrund der Kostensteigerungen im Gesundheitswesen in Kombination mit dem steigenden Anteil der älteren und pflegebedürftigen Bevölkerungsgruppe müssen wir auch in den kommenden Jahren von deutlich höheren Kosten ausgehen. Leider kann die Gemeinde diese Kosten nicht beeinflussen.» Auf kantonaler Ebene laufen zurzeit verschiedene Bemühungen, um die Gemeinden von diesen nicht beeinflussbaren Kosten entlasten zu können. Ob und wann diese Wirkung zeigen, bleibt offen.
Schulden leicht höher, aber noch auf tiefem Niveau
Auch in anderen Bereichen sind deutliche Mehrkosten entstanden. Das gilt insbesondere für den Bereich der wirtschaftlichen Hilfe. «Hier konnten die Kosten in den letzten Jahren erheblich reduziert werden. Nun sind wir auch aufgrund der strukturellen Situation in Villmergen an einem Punkt angelangt, wo weitere deutliche Kosteneinsparungen eher weniger realistisch sind. Die Kosten stehen in Zusammenhang mit den Fallzahlen und lassen sich von der Gemeinde nicht beeinflussen», macht Sanvido deutlich. Gegenüber dem Budget von netto 500 000 Franken fallen die Kosten mit 621 000 Franken deutlich höher aus.
Nebst der Einwohnergemeinde schliessen auch die meisten Spezialfinanzierungen besser ab als budgetiert. Die Bereiche Wasserwerk, Elektrizitätswerk und Wärmeversorgung weisen unter dem Strich einen Ertragsüberschuss aus, der steuerfinanzierte Bereich der Einwohnergemeinde, die Abwasserbeseitigung und die Abfallwirtschaft hingegen einen Aufwandüberschuss. Das konsolidierte Gesamtergebnis der Einwohnergemeinde inklusive der Spezialfinanzierungen ergibt ein Plus von 1,3 Millionen Franken, budgetiert war lediglich ein Überschuss von 173 000 Franken.
Weil die Selbstfinanzierung mit 1,88 Millionen Franken einen tieferen Wert aufweist als die Nettoinvestitionen in der Höhe von 2,37 Millionen Franken, konnten diese nicht vollständig selbst finanziert werden, was zu einer Erhöhung der Schulden führt. Die Nettoschuld liegt per Ende Rechnungsjahr bei 7,5 Millionen, das sind 500 000 Franken mehr als im Vorjahr. Damit erhöht sich die Verschuldung von 869 auf 915 Franken pro Kopf. Allerdings beurteilt die Finanzaufsicht eine Pro-Kopf-Verschuldung bis 2500 Franken in der Regel als unproblematisch. Damit verfüge die Gemeinde Villmergen über eine gute finanzielle Ausgangslage, welche eine zusätzliche Verschuldung durch die anstehenden Investitionen verträgt, ist Sanvido überzeugt. Allerdings: Diese Verschuldung soll mittelfristig wieder reduziert werden, weshalb der Gemeinderat der Bevölkerung eine Anpassung des Steuerfusses empfehlen wird.
Nur wenig eigenen Spielraum
Und wie sieht der Blick in die Zukunft aus? Der Gemeinderat habe in den letzten Jahren bereits zwei grössere Sparrunden durchgeführt, einmal auch mit der Unterstützung von externen Finanzfachleuten, um eine Aussensicht zu gewährleisten, berichtet der zuständige Gemeinderat. «Aber auch bei uns hat sich gezeigt, dass ein überwiegender Teil der Ausgaben aus den gesetzlichen Aufgaben und Pflichten der Gemeinde entstehen und dadurch kein relevantes Einsparungspotenzial bieten», so seine Erkenntnis. Trotzdem konnten kleinere Einsparungen erkannt und umgesetzt werden. «Der Gemeinderat und alle Abteilungen arbeiten laufend daran, alle Ausgaben regelmässig kritisch zu hinterfragen», versichert denn auch der Finanzminister zum Schluss.