Es braucht zündende Ideen
23.05.2023 Region Unterfreiamt, Villmergen5. Forum für Altersfragen im Seniorenzentrum Obere Mühle
Zum 5. Mal findet das Forum für Altersfragen der Gemeinde statt. Rund 20Vereinsvertreter folgten der Einladung der Kommission 60+ und führten gemeinsam Gespräche rund um das Thema ...
5. Forum für Altersfragen im Seniorenzentrum Obere Mühle
Zum 5. Mal findet das Forum für Altersfragen der Gemeinde statt. Rund 20Vereinsvertreter folgten der Einladung der Kommission 60+ und führten gemeinsam Gespräche rund um das Thema «Freiwilligenarbeit». Unter anderem ging es darum, auch in der Zukunft durch genügend Freiwillige gut aufgestellt zu sein.
Britta Müller
Wo man auch hinhört, viele Vereine sind auf der Suche nach Freiwilligen, die sich für den Vereinszweck und letztendlich die Gesellschaft engagieren möchten. «Mit dem heutigen Forum wollen auch wir auf wichtige Fragen Antworten finden», begrüsst Claudio Fischer, Präsident der Kommission 60+ die rund 20 Vereins- und Kirchenvertreter. Er selbst ist seit der Kindheit freiwillig tätig – lange war ihm das nicht bewusst, denn es gehörte für ihn einfach dazu, in der Jugendarbeit und in Vereinen mitzuhelfen. Die gesellschaftliche Entwicklung aber zeigt, dass es schwieriger wird, Menschen zu motivieren, sich für andere zu engagieren.
Unterstützt wird er in seiner Einleitung von Gemeinderatsmitglied Daniel Füglistaler. Auch er tritt immer wieder – neben seinem Amt als Gemeinderat – ehrenamtlich und freiwillig in Aktion. «Wie viele mache ich das aus Spass und geniesse den Austausch», sagt Füglistaler und meint damit, dass für ihn die Freiwilligenarbeit ein Grundpfeiler in der Gesellschaft ist. Schaut er sich die Zahlen des Bundes für Statistik aus dem Jahr 2020 an, käme es für den Schweizer Steuerzahler sehr teuer, wenn diese wichtige ehrenamtliche Tätigkeit bezahlt werden müsste: «Wenn ich richtig rechne, komme ich für das Jahr 2020 auf 19 Milliarden Schweizer Franken, die unentgeltlich geleistet wurden.» Fazit: Ohne die Freiwilligenarbeit würde vieles stillstehen.
Nur, wie findet man einen Superman oder eine Superwoman, die sich nicht sowieso schon im Gemeindeoder Vereinswesen engagiert? Was benötigt es an Eigenschaften oder Voraussetzungen und welches Angebot gibt es überhaupt? In welcher Form kann die Freiwilligenarbeit für Villmergen gestärkt werden? Drei Kurzreferate bieten verschiedene Perspektiven.
Drei Freiwillige berichten von ihren Einsätzen
Arnold Leuthold leistet Freiwilligenarbeit im Reusspark und berichtet: «Kreatives Werken, gemeinsames Musikhören, gärtnern im Pflanzenhaus oder Fahrdienste leisten – das sind nur ein paar Beispiele zum Angebot, das vielfältig ist und garantiert Spass macht.» Alle Freiwilligen gehören zum Personal und erhalten als Gegenleistung Kilometerpauschalen, Vergünstigungen auf Reka-Schecks oder Einladungen zu internen Weiterbildungen. «Wir werden auf Augenhöhe behandelt. Nach einem Einsatz wartet oft ein Kaffee mit etwas Süssem auf mich», ergänzt er lächelnd.
Es ist aber nicht der Kaffee, wofür er seine Zeit in die Freiwilligenarbeit investiert. Er spricht von Respekt, Anerkennung und der Wertschätzung der von ihm betreuten Personen. Heute sieht er vieles anders als früher. Seine Hilfe entlastet das Pflegepersonal im anstrengenden Arbeitsalltag. Das Gefühl, gebraucht zu werden und Wertvolles zu leisten, ist für ihn wichtig.
«Freiwilligenarbeit ist kein Ersatz für die Pflege, sondern eine Unterstützung» sagt Gunther Orschel, der zweite Referent. Er ist Pflegeprofi, engagiert sich im Schweizer Berufsverband für Pflegefachleute und berichtet: «Ohne die Unterstützung durch Freiwillige könnte manches Pflegeheim schliessen.» Über 43 Prozent des Pflegepersonals verlassen im Lauf ihres Arbeitslebens ihren Beruf. «Sie sind ausgebrannt», sagt er. Dazu bewerben sich immer weniger junge Menschen für die Pflegeausbildung. Diese Situation kann nicht durch die Freiwilligenarbeit gelöst werden. Viele Einrichtungen machen deswegen Arbeitsverträge, in denen genau deklariert ist, was unter Pflege- und was unter Freiwilligenarbeit verstanden wird. «Die professionelle Pflege darf damit nicht abgewertet werden. Freiwilligenarbeit kann das leisten, was das Pflegepersonal nicht mehr bewältigen kann.» Er meint damit: Gespräche führen, den zu betreuenden Personen Aufmerksamkeit schenken und einfach nur da sein.
Gefragte Dienstleistung
Avanti 60+ wurde 2018 in Villmergen gegründet. Rita Stöckli ist die Präsidentin und erklärt zum Abschluss, was ihre Organisation leistet. Diese Arbeitsgruppe spricht alle Bürger ab 60 Jahren an, die noch in ihrem eigenen Zuhause wohnen und Unterstützung beim Einkaufen, Spaziergehen, im Garten oder auch am PC oder Mobiltelefon benötigen. «Auch Nordic Walking oder gemeinsames Singen bieten wir an», ergänzt Rita Stöckli.
Und sie berichtet von den zunehmenden Anfragen und leitet damit automatisch in die Diskussion, wie man diesen Bedarfszuwachs in Zukunft durch Freiwilligenarbeit bewältigen kann. Wie findet man neue Mitglieder und ersetzt diejenigen, die aus persönlichen, meistens Altersgründen aufhören? Wie erreicht man zudem jüngere Generationen zum Engagement? Ob Seniorenverein, Kirchengemeindevertreter, Pro Senectute oder das Seniorenzentrum Obere Mühle – alle anwesenden Vertreter berichten von gleichen Erfahrungen, aber auch davon, dass manchem älteren Villmerger die Vereine und ihre Leistungen nicht bekannt sind. Es wird aber auch darüber berichtet, dass Seniorenangebote sich überschneiden und besser abgestimmt werden müssen oder die Situation des aktuellen Raumangebots eine zusätzliche Herausforderung für die organisierenden Vereine ist.
«Tag der Freiwilligen» nutzen
Es braucht also zündende Ideen sowohl für die Freiwilligenarbeit als auch bei den Vereinsangeboten. Wie informiert und kommuniziert man hierzu – persönlich, digital oder via Brief? Welche Zielgruppe benötigt welchen Kommunikationskanal? Wann ist eine Homepage verfügbar, um zu informieren und sogar eine Art Plattform zur Koordination von Anfragen und Nachfragen anzubieten? Könnte man den «Tag der Freiwilligen» zu einer gemeinsamen Informationsaktion nutzen? Wären Kultur- und Sportvereine oder Unternehmen nicht sogar wertvolle Partner bei der Freiwilligenarbeit?
Es gibt noch viel zu tun
Neben diesen vielen Fragen wird die Kommission 60+ auch die am Forum vorgetragenen Anliegen und Anträge als beratende Instanz mit dem Gemeinderat diskutieren. Aber vor allem zur Entwicklung neuer Ideen braucht es auch die freiwillige Mitarbeit der Vereinsvertreter. Ruckzuck melden sich per Handzeichen einige Freiwillige – man merkt, das 5. Forum besteht eben aus engagierten «Profis», die Freiwilligenarbeit kennen, wertschätzen und sich weiterhin dafür einsetzen.
Wer mehr über die Freiwilligenarbeit oder das Angebot aller Vereine in Bezug auf Senioren in Villmergen wissen will, kann Kontakt über die Gemeindeverwaltung oder über die Kommission (kommission60+@villmergen.ch) aufnehmen.