Festtag für ältestes Alkoholgetränk
05.05.2023 Region Unterfreiamt, VillmergenDer nationale Aktionstag «Tag des Schweizer Biers» fand auch in der Villmerger Brauerei statt
Jedes Jahr am 28. April feiert die Schweiz ihr Bier. An diesem speziellen Tag öffnen viele Schweizer Brauereien ihre Türen. So auch die Brauerei Erusbacher ...
Der nationale Aktionstag «Tag des Schweizer Biers» fand auch in der Villmerger Brauerei statt
Jedes Jahr am 28. April feiert die Schweiz ihr Bier. An diesem speziellen Tag öffnen viele Schweizer Brauereien ihre Türen. So auch die Brauerei Erusbacher & Paul AG in Villmergen. Mit vier Führungen ermöglichte sie Bierliebhabern und Interessierten einen Blick hinter die Kulissen.
Britta Müller
Der Schweizer Brauerei-Verband feiert jedes Jahr den Tag des Schweizer Biers. Damit soll das Handwerk der nationalen Braukunst geehrt und das Schweizer Bier mit seiner ganzen Vielfalt wertgeschätzt werden. Zugleich stellt dieser Festtag auch den Start in die neue Biersaison dar.
Laut den Kennzahlen auf der Website des Schweizer Brauerei-Verbands gibt es rund 1230 Brauereien in der Schweiz, die einen biersteuerlichen Ausstoss vermelden. Eine dieser Brauereien ist die Erusbacher & Paul AG in Villmergen. Auch sie beteiligt sich am Schweizer Tag des Biers mit Führungen sowie einem zünftigen Bier und dazu Brezeln und Weisswurst. Alle Führungen sind ausgebucht – das Thema zieht viele Interessierte an. Zur Unterstützung hat sich die Brauerei Biersommelier und Bierbotschafter Bertrand Barbey aus Seengen geholt. Er erzählt lebhaft und mit einem feinen Humor spannende Anekdoten über die Herkunft des Biers, über die Mönche aus dem Mittelalter, aber auch die einst schwierigen Bedingungen, Bier zu brauen und vor allem zu kühlen. Offensichtlich scheint es das Bier schon seit über 13 000 Jahren zu geben, dieses ist vor dem Wein somit das älteste Alkoholgetränk.
Heute viel Technik im Einsatz
Bei der darauffolgenden Führung durch die «heiligen» Hallen der Brauerei Erusbacher & Paul AG sieht man, dass in der heutigen Zeit digitale Technik die Braukunst begleitet. Neben einer Vielzahl an grossen Chromtanks entdecken die Teilnehmer unzählige Stahlröhren, Ventile und Messvorrichtungen, aber auch jede Menge Datenleitungen. Diese bedienen die Braumeister direkt am PC in der jeweiligen Steuerzentrale. Das bedeutet aber nicht, dass die Braukunst nun durch Computer erfolgt. «Das Handwerk muss man beherrschen; allein in dieser Brauerei sind fünf Braumeister dafür verantwortlich, dass am Prozessende das Bier in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen perfekt ist», sagt Barbey. Und damit dies nicht verlernt wird, kümmert sich die Brauerei um ihren Nachwuchs: Lehrtochter Nina steht kurz vor ihrem Abschluss zur Lebensmitteltechnologien mit dem Schwerpunkt «Bier». «Sie plant, Braumeisterin zu werden, und wir hoffen, dass sie eines Tages ihr eigenes Bier entwickeln wird», sagt Barbey lächelnd.
Alle nötigen Schritte erklärt
Schritt für Schritt erklärt der Biersommelier das Brauen. Vom Malzsilo über die Schrotmühle bis zum Sudhaus, in dem es meist sehr warm zugeht. Maischpfanne, Läuterbottich, Whirlpool und Würzepfanne sind vielleicht ungewöhnliche Begriffe, die aber in der Braukunstsprache tatsächlich verwendet werden. Den Teilnehmern zeigt Barbey die Gerste im Rohzustand, geschrotet und wie sie nach der Maische aussieht. Über den Trester, also das Maische-Endprodukt, freuen sich wohl die Ziegen einer Bäuerin aus Muri.
Beim Hopfen ist mancher vielleicht erstaunt, dass dieser nicht in seiner klassischen Fruchtform als Dolden zum Gärprozess beigefügt wird, sondern dies in Form eines Pellets erfolgt. Offensichtlich erleichtern die Pellets die Dosierung beim Brauprozess. Nach sechs Wochen der Gärung wird das Bier – je nach Sorte – gefiltert, bevor es dann in Flaschen oder Ausschanktanks abgefüllt wird. Heute dürfen die Teilnehmer der Führung auch in die Abfüllanlagen. «Im Normalbetrieb ist diese Räumlichkeit tabu – es ist dort definitiv viel zu laut», sagt Barbey. Nachdem die Mehrwegflaschen und Zapftanks befüllt und entsprechend etikettiert sind, warten sie auf ihren Verkauf und ihre Auslieferung.
Nach dieser Führung geniesst man sein Bier noch mehr
Viele spannende Prozesse, ein steril wirkender hochtechnischer Raum, aber vor allem interessante Zahlen und Fakten zeigt und erklärt Bierbotschafter Barbey eindrucksvoll. Erstaunlich wirkt die Zahl des Schweizerischen Brauerei-Verbands, dass in der Schweiz letztes Jahr insgesamt 4,732 Millionen Hektoliter Bier getrunken wurden. Das kommt der Schätzung von Biersommelier Bertrand Barbey sehr nahe. Er sagt: «In der Schweiz trinkt wohl im Durchschnitt jede Person 50 Liter pro Jahr.» Ein Raunen geht durch die Teilnehmerschar und von einer Person hört man leise schmunzelnd die Bemerkung «Bei mir ist das definitiv mehr – mir schmeckt das Bier einfach zu gut».
Seit letztem Jahr produziert die Villmerger Brauerei sogar ein Aargauer Bier. Dabei kommt das Malz aus Wildegg, das Wasser aus Villmergen und der Hopfen aus dem Fricktal. «Villmergen kann stolz sein, eine Brauerei in seiner Gemeinde zu haben – das können nicht viele behaupten», sagt Bertrand Barbey und verabschiedet seine Teilnehmerschar mit dem Hinweis, nun unbedingt das eine oder andere frischgezapfte Bier im Brauerei-Wirtshaus ganz bewusst mit dem neuen Wissensschatz zu geniessen.