Gewässerräume gaben zu reden
01.03.2024 Region Oberfreiamt, WaltenschwilWaltenschwil orientierte über geplante Teilrevision Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland
Einen Parkplatz «legalisieren», Anpassungen an neue Vorgaben und veränderte Bedürfnisse – die Gründe für eine Anpassung der Nutzungsplanung ...
Waltenschwil orientierte über geplante Teilrevision Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland
Einen Parkplatz «legalisieren», Anpassungen an neue Vorgaben und veränderte Bedürfnisse – die Gründe für eine Anpassung der Nutzungsplanung sind vielfältig. Auf Widerstand stiess primär die Festlegung der Gewässerräume. Sie birgt Zielkonflikte zwischen Gewässerschutz und Landwirtschaft.
Thomas Stöckli
Braucht es wirklich 25 Meter Gewässerraum um die Bünz? Grundlage sei die Berechnungsformel «Gewässerbreite mal den Faktor 2,5 plus 7», erklärte Daniel Luchsinger vom Büro KIP Siedlungsplan, das die Gemeinde im Prozess begleitet. Bei einer ungefähren Gewässerbreite von rund sieben Metern komme man so auf einen Gewässerraum von aufgerundet 25 Metern. Will heissen: von der Bachmitte je 12,5 Meter auf beide Seiten. «Damit sind wir am unteren Rand», hält Luchsinger fest und verweist auf die Werte der Nachbargemeinden: 24 Meter sind es bachaufwärts in Bünzen, 25 Meter bachabwärts in Wohlen – hier ohne nennenswerte Zuflüsse dazwischen.
Besitzstandgarantie gilt
«Die Bünz ist seit jeher fünf Meter breit», hielt ein Anwohner entgegen und forderte den Gemeinderat auf, nicht unnötig Kulturland zu opfern. Zudem bestehe gemäss einem landwirtschaftlichen Merkblatt keine Pflicht, bei Dolen einen Gewässerraum festzulegen. Das sei ihm so nicht bekannt, meinte Luchsinger dazu, aber gerne wolle er dem nachgehen, zumal die Praxis in den letzten drei Jahren gefühlt achtmal geändert habe. Sicher ist, dass die Dolen im Kulturland von der Bewirtschaftungseinschränkung (kein Dünger) im Gewässerraum ausgeklammert sind.
Auf bestehende Bauten innerhalb der Bauzone hat der Gewässerraum keine Auswirkung. «Es gilt die Besitzstandgarantie», so Luchsinger. Neubauten gehen im Gewässerraum allerdings nicht mehr und schon bei Umnutzungen dürfte es schwierig werden. Zudem dürfte es schon bald wieder zu Anpassungen kommen. Dann nämlich, wenn es im Rahmen der angedachten Bünz-Renaturierung zu Anpassungen des Bachlaufs kommen sollte. Und werden die Besitzer für den allfälligen Minderwert ihres Grundstücks entschädigt? Was bei Aus- und Abzonungen üblich oder zumindest möglich ist, sei zum Thema Gewässerraum keine Option, sagte Luchsinger.
Parkplatz legalisieren
Die letzte Gesamtrevision der Nutzungsplanung liegt zwar erst zehn Jahre zurück, in diesen zehn Jahren habe sich allerdings einiges getan, so Luchsinger. Als Beispiele nannte der Planer unter anderem das neue Raumplanungsgesetz und die angepasste kantonale Bauverordnung. Zudem will die Gemeinde die Gelegenheit nutzen, auch gleich einige eigene Bedürfnisse zu regeln. Dazu gehört die Legalisierung des Parkplatzes «Im Hessel», der in den 1980er-Jahren erstellt wurde und künftig auch offiziell als Zone für öffentliche Anlagen gelten soll. Kompensiert wird dies durch Auszonungen von Teilflächen der Parkplätze Eichmatt und Grotte.
Am Sportplatz soll derweil ein vier Meter breiter Streifen Zone für öffentliche Anlagen dazukommen, passend zum bereits bewilligten Sanierungsund Erweiterungsprojekt. Und schliesslich will die Notter-Gruppe als Kompensation für ihren künftigen Werkhof im Gebiet Seewadel, Wohlen, in Waltenschwil eine Parzelle in die Naturschutzzone auszonen.
Für mehr Lebensqualität
Nebst diesen und anderen Zonenanpassungen wird in der Teilrevision auch auf die Aussenraumgestaltung eingegangen. Naturnah, nutzerfreundlich und hitzeangepasst, lauten hier die Schlagworte. Im Vordergrund stehen Beschattung, standortgerechte Bepflanzung und wasserdurchlässige Flächen. Zumindest die gleichen, wenn nicht strengere Vorgaben sollen auch für die öffentliche Hand gelten, regte ein Besucher der Orientierungsveranstaltung an. Steingärten sollen nur noch kleinflächig und/oder mit ökologischem Mehrwert möglich sein. Neu gilt auch für die Arbeits- und Gewerbezone eine Grünflächenziffer. Mit 10 Prozent sei diese allerdings tiefer als andernorts, relativierte Luchsinger.
In Wohn- und Mischzonen sind neu Flachdächer für untergeordnete Gebäudeteile zulässig. Als Beispiel nannte der Planer einen Aussenlift-Anbau. Flexibler gehandhabt werden sollen Dachdurchbrüche, zu denen etwa Dachfenster gezählt werden. Ausserhalb der Kernzone gelten hier 2/3 der Fassadenlänge als Maximalwert, in der Kernzone bleibt es bei 1/3. Dafür müssen Flachdächer künftig begrünt sein – sofern keine Solaranlage darauf montiert ist. Weitere Themen sind die Vermeidung von Lichtverschmutzung und Einfriedungen, die durch Sichtbezüge aufzubrechen seien.
Nächstes Jahr vor die Gemeindeversammlung
Gemeindeammann Simon Zubler hatte in seiner Begrüssung auf den Start der Planung zurückgeblickt: «Am 24. November 2021 haben Sie dem Kreditantrag zugestimmt, um den Prozess in Gang zu setzen.» Pascal Vontobel, der im Gemeinderat für die Ortsplanung zuständig ist, ging dann tiefer auf die einzelnen Schritte ein: Auf Basis der Vorschriften wurde 2022 ein erster Entwurf erstellt und eine fachliche Stellungnahme des Kantons eingeholt, welche seit letztem Jahr vorliegt. Nach dem nun laufenden Mitwirkungsverfahren – bis zum 19. März kann die Bevölkerung ihre Eingaben schriftlich einreichen – folgen eine Bereinigung durch den Gemeinderat und die Vorprüfung durch den Kanton, ehe die teilrevidierte Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland 2025 in die öffentliche Auflage und anschliessend vor die Gemeindeversammlung geht.
Dass der Gewässerraum zum Hauptthema der Fragerunde werden würde, hatte sich schon vor dem Start der Information aus den Gesprächen an den ausgehängten Plänen schliessen lassen. Hätte nicht ein Terminkonflikt vorgelegen, wären wohl noch deutlich mehr Landwirte in der Bannegghalle aufmarschiert. Das sei dem Gemeinderat bei der Terminansetzung nicht bewusst gewesen, versicherte Pascal Vontobel: «Es ist ja in unserem Sinne, dass diskutiert wird: Wir wollen eine Nutzungsplanung, die breit abgestützt ist in der Gemeinde.»