Kritik und viel Unterstützung
10.10.2025 Region Oberfreiamt, EnergieEntscheidende Phase
Beinwil entscheidet über Windpark Lindenberg
Am 29. Oktober entscheidet die Stimmbevölkerung von Beinwil über eine Teiländerung des Kulturlandplans und damit über den Windpark Lindenberg. Eine ...
Entscheidende Phase
Beinwil entscheidet über Windpark Lindenberg
Am 29. Oktober entscheidet die Stimmbevölkerung von Beinwil über eine Teiländerung des Kulturlandplans und damit über den Windpark Lindenberg. Eine ausserordentliche «Gmeind» ist dafür angesetzt. Im Vorfeld bringen die Befürworter und die Gegner des Projekts ihre Argumente vor – an verschiedenen Informationsveranstaltungen. Auch verschiedene Vereine und Institutionen aus der Region und aus dem Kanton Aargau bringen ihre Meinungen vor. Der Windpark Lindenberg geht in die entscheidende Phase. --ake
Die Beinwiler Bevölkerung entscheidet an der ausserordentlichen «Gmeind» über den Windpark Lindenberg
Spezialzonen für Windenergieanlagen. Mit dieser Änderung im Kulturlandplan würde die Beinwiler Bevölkerung am 29. Oktober Ja zum Windpark sagen. Am 15. Oktober findet eine Informationsveranstaltung statt, am 20. Oktober informieren die Gegner. Schon im Vorfeld deponieren Vereine und Institutionen ihre Meinungen.
Annemarie Keusch
Viele Jahre der Planung. Viele Diskussionen. Viele Abklärungen. Und nun folgt die entscheidende Phase. Die Beinwiler Stimmberechtigten haben an einer ausserordentlichen «Gmeind» über die Teiländerung des Kulturlandplans zu entscheiden – und damit über den Windpark Lindenberg. Die Windpark Lindenberg AG stellt in einer Medienmitteilung die Vorteile in den Fokus. Windenergie sei eine saubere, unerschöpfliche und CO2-freie Energiequelle. «Moderne Windkraftanlagen leisten einen wichtigen Beitrag zur sicheren, regionalen und nachhaltigen Energieversorgung.» Die drei geplanten Anlagen würden zusammen rund 25 Gigawattstunden elektrische Energie pro Jahr erzeugen. Das entspricht ungefähr dem Fünffachen des Energieverbrauchs der Gemeinde Beinwil.
Für den Bau des Windparks sprechen laut Windpark Lindenberg AG auch finanzielle Überlegungen. Die Gemeinde erhalte 20 Jahre lang rund 365 000 Franken jährlich. Diese Zusatzeinnahmen seien für die Gemeinde «gerade jetzt wichtig, wo die Einnahmen der beiden ehemaligen Deponien wegfallen und bedeutende Investitionen anstehen», erklärt Albert Betschart, Betriebsleiter der Elektra Beinwil und ehemaliger Gemeindeammann. Betschart schätzt auch, dass sich die Bevölkerung von Beinwil direkt am Aktienkapital der Windpark Lindenberg AG beteiligen kann: «Diese Beteiligungsmöglichkeit macht den Windpark Lindenberg noch mehr zu ‹unserem› Windpark.»
Geprüft und für gut befunden
In der Einheimischen-Delegation, die das Projekt acht Jahre lang ergebnisoffen und kritisch begleitet hatte, war auch Hermann Bütler, Elektrounternehmer und ehemaliger Gemeinderat. Er sagt heute aus Überzeugung Ja zum geplanten Windpark Lindenberg: «Aus dem Interessengruppenprozess gingen wertvolle Beiträge hervor, die zum Schutz von Tier und Umwelt umgesetzt werden. Der behördliche Abschlussbericht bestätigt die Umweltverträglichkeit des Projekts.» Ein Beispiel sei der einjährige Mehrfachmarkierversuch, der zeige, dass eine Verminderung des Grundwasserflusses oder dessen Verunreinigung aufgrund des Baus der Windenergieanlagen praktisch auszuschliessen ist.
Auch Pro Natura Aargau blickt dem geplanten Windpark positiv entgegen. In einer Medienmitteilung macht die Organisation geltend, dass die abschliessende Voruntersuchung zur Umweltverträglichkeit mit fast 400 Seiten Umfang ihresgleichen suche. «Pro Natura Aargau ist mithin zum Schluss gekommen, dass der geplante Windpark naturverträglich realisierbar ist.» Diese Chance gelte es zu nutzen.
Unterstützung auch von der Repla Oberes Freiamt
Unterstützung gibt es auch seitens des Bauernverbandes Aargau. Eine sichere Energieversorgung sei für die Landwirtschaft essenziell. Der Bauernverband betont: «Die beanspruchte Fläche von rund einer Hektare ist zwar nicht unerheblich, doch sind Rückbauund Wiederherstellungsverpflichtungen vorgesehen, falls die Anlagen dereinst ausser Betrieb genommen werden.» Bei künftigen Projekten werde der Bauernverband Ausgleichsmassnahmen auf Kulturland ablehnen, da sonst die Landwirtschaft doppelt betroffen sei. Dennoch ist für den Verband klar: «Mit diesem Windpark kann ein bedeutender Beitrag zur regionalen und saisonal ausgewogenen Stromproduktion geleistet werden.»
Wie es der Name vermuten lässt, unterstützt auch «Pro Wind Aargau» das Projekt. Dies auch, weil Windenergie zu zwei Dritteln im Winterhalbjahr und nachts erzeugt werde und darum eine ideale Ergänzung zur Solarenergie sei. «Pro Wind Aargau hofft auf ein wohlüberlegtes und beherztes Ja.» Unterstützung gibts auch von der Organisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Sie hält fest: «Dieser Windpark markiert einen wichtigen Fortschritt für die erneuerbare Energieproduktion im Kanton Aargau und für die nationale Energieversorgung.» Das Projekt zeige beispielhaft, wie erneuerbare Energie, Umweltinteressen und regionale Entwicklung miteinander vereinbar sind. «Der Windpark Lindenberg ist ein Vorzeigeprojekt für den Aargau und sendet ein starkes Signal für den weiteren Ausbau der Windenergie in der Schweiz.»
Für ein Ja spricht sich auch der Regionalplanungsverband Oberes Freiamt aus. «Ein zentraler Faktor für diese Haltung ist der breit abgestützte Planungsprozess», heisst es in der Medienmitteilung. Der Windpark trage wesentlich zur Förderung erneuerbarer Energie bei und unterstütze die Ziele der Energiestrategie 2050 des Bundes. «In der Abwägung verschiedener Interessen gewichtet die Repla diesen Nutzen höher als die landschaftlichen Veränderungen, die mit dem Projekt verbunden sind.» Die Repla sei sich bewusst, dass der Entscheid nun bei der Stimmbevölkerung von Beinwil liege. «Das ist auch richtig so.» Umso wichtiger sei es der Repla, zu betonen, dass sie hinter dem Windpark stehe, und der Verband unterstreicht dessen strategische Bedeutung für die gesamte Region.
Pro Lindenberg wehrt sich – mit neuem Präsidenten
Gegen den Windpark wehrt sich Pro Lindenberg – mit Stefan Schimon als neuem Präsidenten. Der Ingenieur und Unternehmer engagiert sich seit Jahren für den Lindenberg und setzt sich gegen den geplanten Windpark ein. «Der Erhalt dieses einzigartigen Naherholungsgebietes liegt mir am Herzen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass für einen derart geringen Energieertrag so viel Natur und Lebensraum geopfert werden soll.» Das Projekt lasse sich in keiner Weise mit dem Lindenberg vereinen und verstosse gleich mehrfach gegen nationale und kantonale Interessen. «Ich werde mich mit aller Kraft für den Erhalt des einzigartigen Lindenbergs einsetzen.» Schimon tritt an der Infoveranstaltung vom 15. Oktober als einziger Redner auf, der gegen das Projekt ist.
An der Generalversammlung des Vereins Pro Lindenberg in Muri wurde Stefan Schimon einstimmig und unter Applaus zum neuen Präsidenten gewählt. Nach dem Verkauf seiner Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Muri und dem Austritt aus verschiedenen Gremien habe er nun die Zeit und die Möglichkeit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Das Amt des Präsidenten von Pro Lindenberg habe sich dazu zum richtigen Zeitpunkt angeboten. Seit über 25 Jahren lebt Schimon mit seiner Frau und seinen vier Kindern auf dem Lindenberg. Er kennt die Region mit ihrer landschaftlichen und ökologischen Einzigartigkeit sowie die Menschen vor Ort sehr gut.
Der Verein Pro Lindenberg, gegründet am 18. Juli 2017, zählt mittlerweile über 230 Mitglieder. Er setzt sich für den Schutz der Landschaft und eine nachhaltige Entwicklung der Region ein. Mit Stefan Schimon an der Spitze will der Verein Brücken bauen, sachlich informieren und die Bevölkerung für die langfristigen Folgen des Windparkprojekts sensibilisieren.