Marco Huwyler, Redaktor.
Der Feierabend ist auch nach dem Arbeitstag noch ein ganzes Stück entfernt. Als Erstes wollen die Pflanzen gegossen werden – obwohl es den ganzen Tag geregnet hat. Das hat sich so eingebürgert diesen ...
Marco Huwyler, Redaktor.
Der Feierabend ist auch nach dem Arbeitstag noch ein ganzes Stück entfernt. Als Erstes wollen die Pflanzen gegossen werden – obwohl es den ganzen Tag geregnet hat. Das hat sich so eingebürgert diesen Sommer, denn meine Tochter freut sich darauf, wenn Papi endlich da ist. Auch heute. Natürlich giessen wir nicht wirklich, angesichts dessen, dass der Rasen gerade einer Sumpflandschaft gleicht, das sieht auch meine Kleine ein. Doch für sie ist «Pflanze-Güsse» vor allem ein Synonym für Spiel und Spass im Garten mit dem Papa geworden. Also einigen wir uns auf ein Ballspiel. Doch wo ist der Ball? Ah, hier, unter dem Tisch. Ich krieche drunter. Doch da ist noch etwas. Da bist du.
Meine Kleine lacht, du siehst seltsam aus in dieser Position. Doch ich merke sofort – das ist nicht lustig. Ich tippe dich an, du regst dich nicht. Du bist schon starr. Die Beine ausgestreckt. Deine Zunge hängt aus den Mundwinkeln.
Ich habe schon Katzen verloren in meinem Leben. Das letzte Mal liegt viele Jahre zurück. Es war ein anderes Leben. Ich lebte alleine, abgesehen von meinem katrigen Gefährten – meinem besten Freund im Alltag. Das Telefonat mit der Polizei, wonach er überfahren worden sei, riss mir damals den Boden unter den Füssen weg.
Du dagegen warst nicht so omnipräsent. Eine von drei Katzen im Leben eines Vaters mit Frau und zwei Kindern. Genau genommen, habe ich dich kaum noch gesehen zuletzt. Das Babygeschrei unseres menschlichen Neuankömmlings trieb dich vornehmlich nach draussen. Doch dein Anblick jetzt – er reisst mein Herz in tausend Stücke. Der Schmerz ist genau so gross wie damals, als Herr Kater ging. Er trifft mich unerwartet und mit voller Härte.
Du warst besonders. Auffallend schön mit deiner Musterung. Das hat fast jeder bei deinem Anblick als Erstes gesagt. Gemeinsam mit deiner Mutter habe ich dich aufgezogen von der Geburt an. Du, die immer etwas schüchterner warst als deine Geschwister. Misstrauisch, ja ängstlich zuweilen. Doch umso herzlicher, wenn es dir danach war. Niemand konnte so laut schnurren wie du.
4 Jahre alt wurdest du bloss. Wir vermissen dich. Menschen und Katzen. Nachdem du weg warst, haben deine zwei Artgenossinnen tagelang vergeblich nach dir Ausschau gehalten. Nun scheinen sie oft bedrückt. Meine Tochter tröstet sie dann. Und zum abendlichen «Pflanze-Güsse» gehört nun dein Grab. Ruhe in Frieden, Lucy.