Mehr als nur Rehe
05.04.2024 Muri, Region Wohlen, Region Bremgarten, Region Unterfreiamt, Region Oberfreiamt«Draussen, mein Zuhause»: Jäger Hans Keiser beobachtet auch im Frühling das Leben im Wald in und um Muri
Es sind vor allem Rehe, aber auch Dachse, Feldhasen, Füchse, Marder, verschiedene Vogelarten und seit wenigen Jahren auch Rothirsche. Der Wald ...
«Draussen, mein Zuhause»: Jäger Hans Keiser beobachtet auch im Frühling das Leben im Wald in und um Muri
Es sind vor allem Rehe, aber auch Dachse, Feldhasen, Füchse, Marder, verschiedene Vogelarten und seit wenigen Jahren auch Rothirsche. Der Wald ist voller Leben und dieses gedeiht im Frühling besonders üppig.
Annemarie Keusch
Sehen, wie die Natur frühmorgens erwacht. Beobachten, wie die Tiere durch den Wald und die Wiesen ziehen. Abschalten. Die Ruhe geniessen. «Das ist einfach schön», sagt Hans Keiser. Seit vielen Jahren ist er Jäger, seit 2016 Pächter im Revier der Jagdgesellschaft Lindenberg-Muri, seit vier Jahren deren Obmann. «Es gefällt mir, Zeit draussen zu verbringen und meinen Beitrag zur Erhaltung gesunder Bestände der Wildtiere zu leisten.» Dazu gehört auch, Tiere zu schiessen. «Das ist ein kleiner Teil unserer Arbeit und immer mit viel Emotionen verbunden. Wer diese Emotionen und die Achtung den Tieren gegenüber verloren hat, der ist kein guter Jäger.»
Beim Schutz mithelfen
Mithelfen, junge Pflanzen vor Wildschäden zu schützen, ist eine der Arbeiten, die Jäger im Frühling ausüben. Die Bestandesaufnahme der Wildtiere ist eine andere. Im Abstand von zwei Wochen leuchten sie mit Scheinwerfern die Waldränder ab. Keiser weiss also ungefähr, wie viele Tiere jeder Art im Revier der Jagdgesellschaft Lindenberg-Muri leben. «Es sind vor allem Rehe», erklärt er. Rund 130 Reh-Augenpaare hätten sie gezählt. «Das ist in etwa gleich viel wie im Vorjahr», weiss er. Und schon bald wird diese Zahl um die Hälfte zunehmen, wenn ab Mitte Mai bis Mitte Juni die Kitze gesetzt werden. «Darum ist es wichtig, dass die Tiere auch bejagt werden. Das natürliche Gleichgewicht durch natürliche Feinde ist hier im Mittelland einfach nicht mehr gewährleistet.» 45˜Tiere muss die Jagdgesellschaft jährlich im Auftrag des Kantons mindestens schiessen. «Zusammengezählt mit dem Fallwild sind das in etwa so viele Tiere, wie jährlich als Kitze dazukommen.»
Kaum Feldhasen
Auch wenn die Rehe die grösste Population der im Wald lebenden Säugetiere ausmacht, sind sie nicht die einzigen, die von den Jägern beobachtet werden. Füchse, die im April ihren Nachwuchs zur Welt bringen, gehören genauso dazu wie Feldhasen, Baum- und Steinmarder oder Dachse. «Gerade Feldhasen gibt es leider immer weniger», sagt Obmann Hans Keiser. Weniger Büsche und Hecken, dafür mehr intensiv nutzende Landwirtschaft – das sei einer der Gründe. Aber auch die Tatsache, dass Feldhasen ihre Jungen im Feld zur Welt bringen, also unter idealer Beobachtung der Greifvögel, komme erschwerend dazu. «Klar ist, Feldhasen werden im Aargau seit über 20 Jahren nicht mehr bejagt.»
Seit einigen Jahren hat sich auch ein schon fast vergessener langjähriger Bewohner der mittelländischen Wälder zurückgemeldet: der Rothirsch. «Auch wenn wir hier bei uns nun schon länger kein Exemplar gesehen haben, durchqueren sie unser Revier immer wieder.» Warum er das weiss? «Wildkameras, Feg- und Fressschäden, die anhand der Höhe klar nicht auf Rehe zurückgeführt werden können, Fährten, Kot.» Seit einigen Jahren bilden die Jagdgesellschaften des Bezirks einen Hegering, haben den Abschuss von Hirschen auch auf Bitte des Forstes beim Kanton beantragt. Jährlich dürften sie im Bezirk Muri vier Hirsche schiessen. «Erreicht haben wir die Zahl noch nie. Hirsche zu jagen, ist sehr schwierig.» Was sagen die Jäger eigentlich dazu, dass der Rothirsch zurück ist? «Grundsätzlich ist es immer schön, wenn hier einst heimische Arten zurückkehren. Aber klar, es gibt auch Schattenseiten – allen voran die angerichteten Schäden.»
Noch schlimmer wären diese, würden sich Wildschweine wieder hier ansiedeln, zwar nicht im Wald, sondern auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen. «Ja, auch solche querten schon unser Revier, eines sogar erst kürzlich», sagt Keiser. Dass aktuell die Autobahn A1 noch eine Grenze der Wildschweinausbreitung bilde, sehe er positiv. «Es gäbe Konflikte. Wir sehnen uns nicht nach den Wildschweinen.» Schliesslich sei das Leben im Wald auch so schon genug vielfältig, spannend und schön. Besonders im Frühling, wenn es wieder in seiner ganzen Blüte erwacht.