Neue Ära für den «Hirschen»
19.08.2025 Region Oberfreiamt, Bünzen, GewerbeNach dem Kauf durch die Ortsbürgergemeinde ist nun ein Pächter gefunden für das Dorfrestaurant in Bünzen
Mit dem Kauf der Liegenschaft «Hirschen» hat sich die Ortsbürgergemeinde Bünzen zum Erhalt der Dorfkultur bekannt. Nach einer ...
Nach dem Kauf durch die Ortsbürgergemeinde ist nun ein Pächter gefunden für das Dorfrestaurant in Bünzen
Mit dem Kauf der Liegenschaft «Hirschen» hat sich die Ortsbürgergemeinde Bünzen zum Erhalt der Dorfkultur bekannt. Nach einer Phase der sporadischen Zwischennutzung öffnet das Restaurant ab dem 2. September wieder regulär.
Thomas Stöckli
«Rolf und ich, wir gehen am Sonntagmorgen jeweils Kartoffeln schälen», scherzt Marcel Riesen, Gemeindeammann von Bünzen. Gemeint ist Rolf Wiederkehr, Präsident der Ortsbürgerkommission. Gemeinsam haben die beiden vor drei Jahren den Anstoss gegeben, dass die Ortsbürgergemeinde die Immobilie erwirbt und damit das letzte verbliebene Restaurant im Dorf bewahrt bleibt. 3,77 Millionen Franken liess man sich damals die vier Parzellen – Baulandreserve inklusive – kosten. Was nicht unumstritten war, schlussendlich aber doch von einer Zweidrittelmehrheit gutgeheissen wurde. «Nun erwarten wir auch, dass die Leute kommen», so Wiederkehr.
Kulturelles Erbstück erhalten
Seit 19 Jahren ist er in der Ortsbürgerkommission – und hat sich immer für eine attraktive Gemeinde eingesetzt. Der «Hirschen» sei nun das letzte grosse Projekt, das er als Kommissionspräsident mittrage, sagt er. «Das waren intensive Zeiten», blickt er zurück und spricht von «Neuland». Doch schliesslich ging es auch um nicht weniger als den Erhalt eines kulturellen Erbstücks.
Das markante, denkmalgeschützte Haus an der Dorfstrasse 17 hat eine längere Geschichte. 1795 erstmals erwähnt, feiert es heuer den 230. Geburtstag. Es war Treffpunkt für gesellige Anlässe und diente im frühen 20. Jahrhundert auch als Tanzlokal. Diese Tradition drohte zu enden, als die Wirtefamilie Kaupp Ende Juni 2022 den Betrieb einstellte. Die Pächtersuche gestaltete sich anspruchsvoll. Da half es, dass zumindest die Wohnungen und Zimmer für kontinuierliche Einnahmen sorgten. «Selbst ohne Wirt kommen wir mit einer schwarzen Null heraus», versichert Riesen. Und aus Renditegründen habe man das Haus ja nicht erworben, sondern um das Dorfrestaurant zu erhalten.
Auf Umwegen zum Pächter
Interimistisch gelang es, eine Zwischennutzung für besondere Anlässe zu ermöglichen. «Für den super Übergang mit Peter Wyrsch sind wir sehr dankbar», betont Riesen. Noch grösser ist die Freude, wieder einen vollen Restaurantbetrieb zu bekommen. Möglich macht dies Driton Bitiqi, genannt «Toni». Er hat die Pacht übernommen und wird die Küche führen, sein Bruder für den Service sorgen. Unterstützt werden sie von zwei weiteren Mitarbeitenden.
Zum neuen Pächter kam die Gemeinde auf Umwegen: «Ein Wirt aus der Umgebung kannte einen Kollegen, der ein Restaurant pachten wollte», erzählt Wiederkehr. Der hatte die Schweiz allerdings verlassen und kein Interesse mehr, empfahl aber seinerseits einen weiteren Kollegen, der ebenfalls ein Restaurant suchte. «‹Toni› hat das Potenzial des ‹Hirschen› von Anfang an erkannt», erinnert sich Marcel Riesen an die erste gemeinsame Begegnung. «Ich hatte ein gutes Gefühl», bestätigt der neue Pächter. Er bringt Wirteerfahrung mit aus einem Selbstbedienungsbetrieb in Spreitenbach sowie zwei ähnlichen Restaurants in Aarau und Zürich. Im «Hirschen» wird er schwerpunktmässig gutbürgerliche Schweizer Küche anbieten, daneben aber auch mediterrane Spezialitäten wie eine Auswahl an Pizzen und auch mal ein asiatisches Tagesmenü.
Ohne Unterstützung geht es nicht
Die Gäste sollen sich willkommen fühlen im «Hirschen», das ist dem Wirt wichtig. Dazu gehört der freundliche Umgang, aber auch das Ambiente. Wobei Bitiqi es mit Änderungen nicht übertreiben will. Angedacht sind neue Vorhänge und sanfte Anpassungen bei der Aufteilung der Tische. «Die meisten kommen zu zweit oder zu viert, da sind kleinere Tische beliebter», weiss er aus Erfahrung.
Mittlerweile ist die Schlüsselübergabe erfolgt. Riesen und Wiederkehr freuen sich auf die neue Ära. Als Kartoffelschäler müssen sie nicht anpacken, als Stammgäste wollen sie den Wirt aber allemal unterstützen, wie sie lautstark versichern, ob feierabends am Stammtisch oder zum Essen. Und nicht nur sie: «Viele in Bünzen und Umgebung freuen sich, dass der ‹Hirschen› wieder aufgeht», sagt der Gemeindeammann. Die Unterstützung aus dem Dorf und der Region werde der neue Pächter auch brauchen, macht er unmissverständlich klar.
Eine erste Chance, ihren Support zu demonstrieren, erhält die Bevölkerung ab dem 2. September – und insbesondere am Freitag, 5. September, von 17 bis 19 Uhr. Dann wird im «Hirschen» die Eröffnung gefeiert, mit Getränken und Apérohäppchen.