Notfalldienst entlasten
01.10.2024 Region Bremgarten, ZufikonRettungsdienstleiter des Spitals Muri sprach im Zufikerhuus
Bagatellfälle belasten die Notfallstationen im Kanton Aargau. Am vergangenen Samstag erhielten Besucherinnen und Besucher im Zufikerhuus wertvolle Tipps, um zu wissen, wann ein Spitalbesuch wirklich ...
Rettungsdienstleiter des Spitals Muri sprach im Zufikerhuus
Bagatellfälle belasten die Notfallstationen im Kanton Aargau. Am vergangenen Samstag erhielten Besucherinnen und Besucher im Zufikerhuus wertvolle Tipps, um zu wissen, wann ein Spitalbesuch wirklich nötig ist.
Man ist auf dem Nachhauseweg und sieht auf einmal ein Motorrad neben der Strasse. Daneben liegt ein regungsloser Körper. Um in diesem Szenario möglichst konstruktiv zu handeln, organisierte die Mitte Zufikon am letzten Samstag einen Anlass. Dabei wurde den Besucherinnen und Besuchern ein Erste-Hilfe-Kurs angeboten. So lernten die Anwesenden, was zu machen ist, wenn sie eine Person auf dem Boden auffinden, welche sich nicht mehr bewegt und auf Hilfe angewiesen ist, wie zum Beispiel ein verunfallter Motorradfahrer.
Beim Erste-Hilfe-Kurs lernten die anwesenden Personen, wie festzustellen ist, ob jemand noch atmet. Aber auch, wie ein verletzter Mensch in die stabile Seitenlage gebracht wird oder wie mit einem automatisierten externen Defibrillator (AED) umzugehen ist. An Puppen wurden die einzelnen nötigen Schritte gezeigt. Danach konnten die Teilnehmenden selbst an den Reanimationspuppen Hand anlegen und zum Beispiel eine Herzmassage durchführen. Der Teilnehmer Ferdinand Senn fand Gefallen am Anlass: «Als Turnlehrer ist es mir wichtig, zu wissen, was in einer solchen Notsituation zu tun ist.» Die Notszenarien handelten allerdings nicht nur von Erwachsenen. Es wurde auch ein Fall mit einem Baby in Not simuliert. Auch hierfür gab es eine Puppe zum Üben, aber in Grösse eines Babys.
Kosten können gespart werden
Vor Ort war auch der Rettungsdienstleiter des Spitals Muri Stefan Haber. Er hielt ein Referat zum Thema, wann es wirklich wichtig ist, die Ambulanz zu kontaktieren und in welchen Momenten es keine Hilfe eines Rettungswagens braucht oder einen Eintritt in den Notfall eines Spitals. «Solche Bagatellfälle im Spitalbetrieb kosten viel Geld, was die Gesundheitskosten ansteigen lässt», betonte er. Die Besucherin Therese Kuratle aus Bremgarten schätzte die Veranstaltung der Mitte. «Solche Anlässe sind wichtig, um die Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren. Gerne hätte ich so ein Angebot auch in Bremgarten.» Informiert zu bleiben, findet auch Alois Felder, der für die Mitte für den Grossen Rat kandidiert, sinnvoll. «Es ist vor allem wichtig, dass die Personen mehr Eigenverantwortung übernehmen und nicht gleich ins Spital gehen.»
«In den letzten Jahren sehen sich Notfallstationen in der Schweiz zunehmend mit einer Überlastung konfrontiert», erklärte Stefan Haber. «Auch das Spital Muri hat neben Fällen, bei denen es um Leben und Tod geht, auch viele Patientinnen und Patienten, die mit Bagatellbeschwerden die Notfallabteilungen aufsuchen, obwohl diese dort nicht hinmüssten.» Die Versorgung der Patientinnen und Patienten erfolge auf Basis einer sogenannten Triage. Das bedeute, dass sie je nach Dringlichkeit behandelt werden.
Ein schwerer Notfall, wie etwa ein Herzinfarkt oder ein Unfall, hat laut dem Rettungsdienstleiter Vorrang. «Im Schockraum haben wir bis zu zwölf Mitarbeitende im Einsatz. Bei einer akuten Lebensgefahr steht dann alles andere still», beschreibt Stefan Haber. Eine Wartezeit von zwei Stunden sei bei Bagatellfällen nichts Ungewöhnliches. Die Bevölkerung könne eine zentrale Rolle bei der Entlastung der Notfallstationen spielen – durch mehr Eigenverantwortung und ein bewussteres Gesundheitsverhalten. Damit meinte er, dass in vielen Fällen auch eine Beratung in einer Apotheke oder ein Termin bei der Hausärztin oder dem Hausarzt ausreichen würde. Auch Andreas Bürgin, der den Anlass besucht hat, empfand den Anlass spannend. «Mit den Beispielen aus der Praxis konnte man sich der Problematik im Gesundheitswesen besser bewusst werden.»
Notfallstationen sind für Notfälle da
Stefan Haber betonte, dass ein echter Notfall zum Beispiel bei starken Brustschmerzen, Schlaganfällen, Bewusstlosigkeit, stark blutenden Verletzungen, anhaltendem Schwindel, schwerer Atemnot, Knochenbrüchen oder plötzlichen Sprachstörungen vorliege. «In solchen Situationen ist es wichtig, unverzüglich die Notfallstation aufzusuchen oder den Rettungsdienst zu verständigen. Jede Sekunde kann dann entscheidend sein.»
Anders verhalte es sich jedoch bei vielen Beschwerden, die keine sofortige medizinische Versorgung erfordern. «Pflegende auf der Notfallstation erlebten schon Personen, die aufgrund von Rückenschmerzen, leichten grippalen Infekten, Zahnschmerzen, verstauchten Knöcheln, Blasen an den Füssen oder sogar wegen eingerissenen künstlichen Fingernägeln in den Notfall kamen», war Haber entrüstet. «Solche Fälle können meist durch den Hausarzt oder durch eine einfache Selbstbehandlung zu Hause gelöst werden. Das sind keine Gründe, den Notfall aufzusuchen», betont Haber. «Es ist ein grundlegendes Missverständnis, Notfallstationen als Ersatz für den Hausarzt anzusehen.» --msc