«Phänomenal» reicht fast nicht aus
10.01.2023 Region Unterfreiamt, VillmergenNeujahrskonzert mit dem Jugend-Sinfonieorchester Aargau
Das Jugend-Sinfonieorchester Aargau präsentierte ein beeindruckendes und abwechslungsreiches Konzert unter der Leitung von Hugo Bollschweiler und mit dem Solisten Christian Loferer. ...
Neujahrskonzert mit dem Jugend-Sinfonieorchester Aargau
Das Jugend-Sinfonieorchester Aargau präsentierte ein beeindruckendes und abwechslungsreiches Konzert unter der Leitung von Hugo Bollschweiler und mit dem Solisten Christian Loferer.
Monica Rast
Bereits seit 25 Jahren findet in der katholischen Kirche St. Peter und Paul ein Neujahrskonzert statt. Dies ermöglichen unter anderem der Kulturkreis und die Ernst-Dambach-Stiftung. Das Jugend-Sinfonieorchester Aargau gilt als eines der aufregendsten Orchester seiner Art in der Schweiz. In einem einzigartigen Projekt des Künstlerhauses Boswil kommen zweimal jährlich rund 70 motivierte und begabte Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 26 Jahren in einer Probewoche im Künstlerhaus Boswil zusammen und gehen anschliessend auf Konzerttournee. Das Jugend-Sinfonieorchester Aargau arbeitet mit renommierten Solisten und widmet sich dem klassisch-romantischen Konzertrepertoire ebenso wie neuerer und aargauischer Musik.
Es war für die Logistik eine Herausforderung, die über 60Musikerinnen und Musiker auf der Bühne unterzubringen. «Es war nicht ganz einfach, für alle einen Platz zu finden», erklärt Dirigent Hugo Bollschweiler. Eigentlich hätte das Jugend-Sinfonieorchester Aargau bereits vor zwei Jahren mit dem Programm «Glück» in Villmergen auftreten sollen. Ihr neustes Programm heisst «Idyll?». Zu schön, um wahr zu sein? Zwischen strahlendem Idyll und offenem Abgrund blitzt immer wieder das grosse Fragezeichen auf. Schein oder sein. Das Orchester war definitiv kein trügerischer Schein, sondern für die Zuhörer purer Genuss.
Trügerische Idylle
Eröffnet wurde das Konzert mit einer «Faust-Ouvertüre, op. 46» von Emilie Mayer aus dem Jahr 1880. In Emilie Mayers Vita spiegelte sich das trügerische Idyll der weiblichen Komponistin, die als weiblicher Beethoven zuerst gefeiert und als zweitklassige Nachahmerin umgehend archiviert wurde. Weil die junge Emilie die ihr aufgegebenen Klavierstücke derart frei interpretierte, ermunterte sie ihr damaliger Lehrer, doch gleich ihre eigenen zu schreiben. Der berühmte Kompositionslehrer Carl Loewe meinte dazu: «Sie weiss eigentlich nichts und kann doch alles.» Mayer war Pionierin, Künstlerin und Komponistin in einer Zeit, wo Frauen höchstens ein stiller Platz im Konzertpublikum zugebilligt wurde.
Idyllisch ist dagegen bis jetzt die Karriere von Tryvge Madsen verlaufen. Der norwegische Pianist und Komponist gilt als einer der meistgespielten Komponisten der Neuzeit. In Madsens Hornkonzert «Konsert for horn og orkester, op 45» ist seine ureigene stylische Handschrift erkennbar. Weite lyrische Bögen, rhythmischer Drive, virtuose Steigerung verbinden sich zu einem faszinierenden Ganzen. Ein Zusammenspiel von Streichern und Bläsern mit dem Solisten Christian Loferer am Horn.
Tragödie als Vorlage
Das Idyll der Liebe wird von Georges Bizet in seiner folkloristisch gefärbten Schauspielmusik zu «L’Arlésienne», das Mädchen aus Arles, akribisch seziert. Deftige Volksmusik steht filigranen Charakterstücken gegenüber. Vitaler Tanz mit verlorenen Melodien. Eine Liebesgeschichte, basierend auf wahren Ereignissen, verformt sich zum Trauerspiel. «L’Arlésienne», Suiten Nrn. 1 und 2, widerspiegelt die Gefühlswelt der Geschichte und wurde ebenso gespielt vom phänomenalen Jugend-Sinfonieorchester Aargau, dessen Leistung am Ende auch mit lang anhaltenden Standing Ovations gewürdigt wurde. Die Konzertbesucher waren hin und weg vom enormen Potenzial, das die jungen Künstler an den Tag legen.
Mit Zuversicht und nötigem Respekt
Der Knigge besagt, dass Neujahrswünsche bis eine Woche nach dem eigentlichen Neujahr noch angebracht sind, um in Erfüllung zu gehen. So wünschte Gemeindeammann Ueli Lütolf gleich zu Beginn den zahlreichen Anwesenden ein gutes und vor allem ein gesundes neues Jahr. Zusätzlich sprach er dem Jugend-Sinfonieorchester Aargau, das mit einem musi kalischen Feuerwerk das neue Jahr einstimmte, ein grosses Kompliment aus. «Es geht auch ohne Feuerwerksknaller und -böller», meint er als persönliche Meinung dazu.
Auch Gemeindeammann Lütolf sprach, wie vielerorts, die Pandemie und die herrschende Spannung an. «Vorwärts schauen heisst die Devise», meint er dazu, «ich glaube, mit Zuversicht und einem guten Vertrauen haben wir die schwierige Zeit gut überstanden.» Zuversicht und Vertrauen braucht es auch im laufenden Jahr. «So möchte ich kurz das positive Denken ansprechen.» Denkt man überwiegend positiv, stärkt es das Immunsystem, man hat mehr Freude am Leben, ist ausgeglichener und gesünder. Villmergen ist eine gut funktionierende Gemeinde, doch sie wird den Gemeinderat auch in Zukunft fordern. «Lassen Sie uns Villmergen mit Zuversicht und nötigem Respekt gemeinsam voranbringen», wünscht sich Gemeindeammann Lütolf, «gemeinsam ist die Gemeinde stark.»