Verkehrte Welt in Aarau
12.09.2025 Muri, Kolumne, Grosser RatAUS DEM GROSSEN RAT
Hans-Peter Budmiger, GLP, Muri.
Es ist eine seltsam verkehrte Welt. Da erklärt die FDP in ihrer Fraktionserklärung, wie unzufrieden sie mit dem Regierungsrat ist – mit ihrem ...
AUS DEM GROSSEN RAT
Hans-Peter Budmiger, GLP, Muri.
Es ist eine seltsam verkehrte Welt. Da erklärt die FDP in ihrer Fraktionserklärung, wie unzufrieden sie mit dem Regierungsrat ist – mit ihrem Regierungsrat, der von einer bürgerlichen Mehrheit dominiert wird. Zwischen FDP und SVP lässt sich im Grossen Rat kaum mehr unterscheiden: konservativrechts, praktisch immer geschlossen. Sie stellen die klar dominierende Mehrheit. Plötzlich finde ich mich in einer Oppositionsrolle wieder – was mir nicht unbedingt gefällt. Aber so ist die Realität gerade in Aarau, ob wir wollen oder nicht.
Die zweite Beratung des Schulgesetzes drehte sich um konkrete Fragen des Schulalltags: Absenzen im Zeugnis, Dolmetscherdienste und den kulturellen Austausch innerhalb der Schweiz. Für mich gilt: Eine gute Schule steht und fällt mit starken Lehrpersonen – sie sind mehr als die Hälfte des Erfolgs im Klassenzimmer. Deshalb setze ich auf Rahmenbedingungen, die sie unterstützen, statt sie mit Symbolpolitik zu belasten.
Rechtliches Gehör ist dabei meiner Meinung nach zentral, und nur wer versteht, kann mitreden – dies ist in der Schule auch so, gerade in schwierigen Situationen. Ebenso wichtig: Austauschprogramme bleiben im Gesetz. Ein klares Bekenntnis zu einer vielfältigen und weltoffenen Schweiz. Skeptisch bleibe ich bei Versuchen, Aufgabenhilfe zur Pflicht zu machen oder sämtliche Absenzen im Zeugnis zu vermerken – das bringt nichts und trifft am Ende die Lehrpersonen mit viel Aufwand und Angriffsfläche.
Die FDP will vermehrt zurück zu getrennten Förderklassen. Für mich ist das ein bildungspolitischer Rückschritt: weg von der integrativen Volksschule, hin zu separierten Strukturen. Ja, die integrative Schule ist anspruchsvoll und nicht alles ist perfekt – aber Parallelstrukturen sind teuer und bringen keinen echten Mehrwert. Trotzdem setzte sich die konservative Ratsrechte letztlich durch.
Auch die Umweltpolitik stand auf der Traktandenliste. Das Programm Natur 2030 ist richtig und wichtig – Klimawandel und Wachstum zwingen uns zum Handeln. Entscheidend wird sein, dass genügend Mittel bereitgestellt werden, damit es Wirkung entfaltet.
Ein wunder Punkt waren dabei die Schottergärten. Es ging nicht um Verbote, sondern um Anreize für mehr Biodiversität. Landwirtschaft und Wald leisten viel, deshalb müssen auch die Siedlungen ihren Beitrag für Artenvielfalt und Wasserhaushalt leisten. Dass der Grossrat diese Chance knapp verpasste, auch mit Stimmen aus unserer GLP-Fraktion, bedaure ich sehr.
Fazit über den Tag: Das Schulgesetz wird in vielen Punkten zur ersten Lesung nochmals verändert – die Mehrheiten haben sich seit Anfang Jahr verschoben. Ich bleibe dran für fortschrittliche Lösungen, für starke Bildung und für einen ökologischen Aargau, in dem nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Siedlungen Verantwortung übernehmen. Auch wenn ich mich in die Opposition gedrängt fühle, will ich gestalten – ich bleibe natürlich engagiert dran.