Wenn ein Geist sein Unwesen treibt
02.09.2025 Region Unterfreiamt, Theater, Niederwil, KulturFreilichtspiel «Der Kruggeist von Gnadenthal» – ein Kulturerlebnis vom Feinsten
Allein schon das historische Umfeld mit der Klosterkirche entführt das Publikum ins 17. Jahrhundert, in die Zeit also, in der das Stück «Der Kruggeist von ...
Freilichtspiel «Der Kruggeist von Gnadenthal» – ein Kulturerlebnis vom Feinsten
Allein schon das historische Umfeld mit der Klosterkirche entführt das Publikum ins 17. Jahrhundert, in die Zeit also, in der das Stück «Der Kruggeist von Gnadenthal» spielt.
Walter Minder
Autor und Regisseur Wädi Koch entdeckte schon früh sein Flair für die Theaterbühne. Die Hauptrolle im Joner Freilichtspiel «De Huwilerhandel» weckte seine Begeisterung für das historische Theater. 2001 holte er sich mit seinem Stück «E sone Gmein(d) heit» breite Anerkennung. Im Team dabei war Guido Hufschmid und die beiden einigten sich, im Pensionierungsalter nochmals ein Freilichtspiel auf die Beine zu stellen. Koch: «Das 750-Jahr-Jubiläum vom Kloster Gnadenthal war die Motivation, das Projekt anzupacken.» Er entdeckte bei den Vorbereitungen die 1856 von Ernst L. Rochholz zu Papier gebrachte Sage «Der Kruggeist im Gnadenthaler Rebhugel», die ihm den Stoff lieferte: Auf einem von den Nonnen bewirtschafteten Rebhügel befand sich ein Wächterhäuschen, in dessen Mauer ein goldener Krug eingemauert war, in den Priester einen Plaggeist hineinbeschworen hatten.
1608 zerstörte ein Brand das Zisterzienserkloster und seine Kirche. Doch die kleine Abtei schaffte den Wiederaufbau. Und es kam noch besser: Durch die Reliquie der Heiligen Justa wurde die kleine Klosteranlage zu einem viel besuchten Wallfahrtsort. Diese beiden Ereignisse verbindet Koch zu einem beeindruckenden, packenden und turbulenten Freilichtspiel, das an der Premiere vom letzten Donnerstag die rund 400 Zuschauerinnen und Zuschauer auf der gedeckten Tribüne während anderthalb Stunden bis in die Zehenspitzen hinein fesselte.
Vom Kirchenchor zum Nonnenchor
Das Stück beginnt mit der Heimkehr des Nonnenchors (Kirchenchor Niederwil), begleitet von der Organistin Brigitte Koch. Dann legt sich der Wirt der Klosterschenke (Bruno Hufschmid) mit dem Fährmann (Turi Abt) an, der lieber ins Glas schaut als Gäste über die Reuss zu bringen: «Polizeistunde um 23 Uhr ist viel zu früh!» Als es vor der Klosterschenke ruhig geworden ist, tauchen drei Diebe auf, die sich die vollen Weinfässer der Nonnen unter die Nägel reissen wollen. Sie brechen den Weinkeller auf, einer entdeckt einen gefüllten Krug, öffnet ihn – und schon ist der Kruggeist von Gnadenthal in Freiheit und beginnt sein Unwesen zu treiben. Die Jungfrau Margrit wird schwanger und dem ständig betrunkenen Fährmann soll die Frau entführt worden sein … Die Äbtissin (Marlis Töngi) verspricht: «Wer den Plaggeist unschädlich macht, hat ein Geschenk zugute.» Das lässt sich der Sohn des Rebbergwächters (Tim Koch) nicht zweimal sagen. Er liebt die Tochter (Lara Michel) des Fährmannes, doch soll sie ins Kloster eintreten.
Perfektes Ambiente
Langsam kommt auf der Klosterwiese Abendstimmung auf, das Wetter spielt perfekt mit. Wie aus dem Nichts knallt, blitzt und kracht es, das Kloster brennt – eine Meisterleistung von Guido Hufschmid. Mit Unterstützung vom Eventspezialisten Thomas Schärer ist er für Special Effects und zusammen mit seinem Bruder Bruno für den Kulissenbau zuständig. Chaotische Szenen, die um Hilfe schreienden Nonnen müssen von den militärisch kommandierten (Rolf Seiler) Feuerwehrleuten aus den brennenden Zimmern gerettet werden. Eine der Nonnen (Silvan Michel) hängt plötzlich im obersten Stockwerk an einem Fensterladen. In letzter Sekunde kann die Feuerwehr einen mit Strohsäcken gefüllten Wagen bereitstellen – die Nonne stürzt und überlebt.
Die Liebe siegt
Zur weiteren Geschichte: Die von Geldsorgen geplagte Äbtissin bittet Papst Alexander um Hilfe, indem die Reliquie der Heiligen Justa ins Kloster Gnadenthal überführt und dieses damit zum attraktiven Wallfahrtsort wird. Das Vorhaben gelingt und die Reliquie wird vom Bischof von Basel in einer feierlichen Zeremonie überbracht. Und selbstverständlich gelingt es dem Sohn des Rebbergwächters, den entwichenen Plaggeist in den Krug zu locken und einzuschliessen. So endet das Freilichtspiel mit einem Happy End und einem faszinierten Publikum, das sich mit grossem Applaus für die professionelle Leistung der Laienschauspielerinnen und -schauspieler inklusive Nonnenchor und Feuerwehr bedankt. Eine Meisterleistung des gesamten Teams, die auch Reusspark-Direktor Urs Bosisio begeistert: «Ein Abend, der mir ein unvergessliches Erlebnis geschenkt hat.»