Wind in den Haaren
24.10.2025 Region Bremgarten, Fischbach-GöslikonMit Cyrill Heimgartner durch ruhige und stürmische Gewässer
Er war Unternehmer, Segellehrer und Skipper: Der einheimische Cyrill Heimgartner erzählte am Anlass der Kulturkommission Fischbach-Göslikon aus seinem Leben und weckte in den vielen ...
Mit Cyrill Heimgartner durch ruhige und stürmische Gewässer
Er war Unternehmer, Segellehrer und Skipper: Der einheimische Cyrill Heimgartner erzählte am Anlass der Kulturkommission Fischbach-Göslikon aus seinem Leben und weckte in den vielen Zuhörerinnen und Zuhörern im Ortsbürgersaal die Sehnsucht nach Reisen und Abenteuer.
Erika Obrist
Jeden Stuhl, den sie finden konnten, schafften die Mitglieder der Kulturkommission herbei, damit alle Interessierten eine Sitzgelegenheit hatten im Ortsbürgersaal unter dem Dach des Gemeindehauses. Gleichwohl folgten einige der gut siebzig Zuhörenden den Worten von Cyrill Heimgartner stehend. Bereuen musste niemand sein Kommen, denn Heimgartners Ausführungen über sein Leben und über sein grosses Hobby waren spannend. Angereichert mit kurzen Videosequenzen von Segeltörns und mit Bildern von wunderschönen Buchten am Mittelmeer und an der Nordsee weckte er bei einigen Zuhörenden sicherlich das Fernweh.
Vom Lehrling zum Mitinhaber
Eingeladen zum Vortrag hatte die Kulturkommission Fischbach-Göslikon. Wie Vorstandsmitglied Hans Kneubühler eingangs erzählte, hat er zusammen mit Cyrill Heimgartner die Primarschule im Dorf besucht. «Danach haben wir uns aus den Augen verloren.» Heimgartner selber wusste aus dieser Zeit auch einiges beizusteuern. Als Kind habe er jeweils auf dem Schachenhof der Familie Kneubühler geholfen. «Anders ausgedrückt: Ich war jeweils dort.» Auf dem Heimweg, wenn es schon dunkel war, habe ihn Hans jeweils durch das Waldstück begleitet, damit er ja heil wieder daheim ankomme.
Seine Ausbildung als Schriftsetzer hat Heimgartner bei der Firma Kasimir Meyer AG in Wohlen im Jahr 1974 abgeschlossen. Er hat noch Bleibuchstaben gesetzt; 1100 Zeichen in der Stunde lautete die Vorgabe. Am Ende seiner Ausbildungszeit war diese Art des Schriftsetzens Geschichte.
Dem Druckereigewerbe blieb Heimgartner treu. Er arbeitete als Typograf, als Kalkulationsleiter und war bald Mitglied der Geschäftsleitung bei der NZZ, Fretz AG. Danach auch beim «Vaterland», der nachmaligen «Luzerner Zeitung». Dann kam die Anfrage seines ehemaligen Lehrbetriebs: Die Kasimir Meyer AG war an der Nachfolgeregelung. So wurde Heimgartner 1994 Teilhaber zu zweit. Im Betrieb verantwortlich für die Werbedrucksachen. Er setzte auf hochwertige Nischenprodukte, die erfolgreich waren im Markt. So erhielt der Betrieb in den Jahren 2009 und 2014 den «Swiss Print Award», die höchste Auszeichnung für eine Druckerei.
Selbstverständlich kommt eine derart erfolgreiche Unternehmerlaufbahn nicht von selbst zustande. Heimgartner hat diverse Weiterbildungen absolviert: Abendtechnikum in Zürich, Vorgesetztenseminar, Verhandlungsmanagement an der Hochschule St. Gallen und die Ausbildung zum Mediator gleichenorts. Zudem war er rund 15 Jahre lang im Vorstand des Handwerker- und Gewerbevereins Wohlen und 19 Jahre lang im Vorstand – die letzten acht Jahre als Präsident – des «Lernwerks» in Turgi (heute in Brugg). Und daneben fand er noch die Zeit, als Segel- und Motorbootinstruktor tätig zu sein.
Schon früh mit Segeln begonnen
Mit 60 Jahren ging Heimgartner vorzeitig in Pension «und ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht». Schon früh hat er mit dem Segeln angefangen. Kurse bei der Migros-Klubschule belegt und mit einem Kollegen auf dem Hallwilersee geübt. Im Jahr 1990 hat er mit Kollegen zusammen die Segelschule Hallwilersee AG gegründet. Gegen 600 Frauen und Männer haben bei ihm die Hochseeausbildung absolviert. Einige von ihnen waren auch im Ortsbürgersaal und folgten den Ausführungen ihres einstigen Lehrers aufmerksam.
Heimgartner erklärte kurz, wie man mit einem Segelschiff den Wind richtig zu nutzen weiss und welche Vortrittsregeln auf dem Wasser gelten. Wetterberichte analysieren, Strömungskarten studieren, die Gezeiten genau kennen, Abfolge der Signale der Leuchtfeuer an den Küsten wissen – und aus all dem den Kurs berechnen. Das theoretische Wissen, das Seglerinnen und Segler mitbringen müssen, ist umfangreich. «Und auch wir müssen uns stetig weiterbilden.» Kommt hinzu, dass das Wasser nicht immer ruhig ist. «Es ist schräg und holprig auf dem Meer», so Heimgartner. So schräg steht das Boot manchmal im Wind und so holprig ist der Wellengang zuweilen, dass manche seekrank werden. Er selber sei davon zum Glück verschont geblieben.
Es war für jeden im Saal nachvollziehbar, wie sehr Heimgartner den Wind in den Haaren und die Sonne im Gesicht liebt, wenn er über die Meere segelt. Aber er muss den Weg übers Wasser auch bei Nebel und Dunkelheit finden. Nicht einfach. Doch dank seiner Erfahrung und seines Wissens brachte Heimgartner das Boot mit den Gästen darauf sicher in den angepeilten Hafen.
Von wegen Gästen: In den letzten Jahren hat sich Heimgartner einen neuen Geschäftszweig erschlossen. Er bietet Segeltörns an. Mit sich als Skipper. Die zahlenden Gäste kochen nicht nur, sie sind auch Crewmitglieder. Sie stehen am Ruder und helfen beim Setzen und Einholen der Segel. Ein einmaliges Erlebnis – dessen Ende absehbar ist. «Nächstes Jahr höre ich auf», so Heimgartner am Schluss seines Referats.
Neben einem kräftigen Applaus gab es von der Kulturkommission ein Geschenk für den Referenten. Darunter eine Flasche Wein. «Solchen hast du sicher noch nie getrunken», sagte Hans Kneubühler bei der Übergabe. Es ist ein «Hambeler», Jahrgang 2023. Er stammt von der ersten Ernte aus dem kleinen Weinberg zwischen Fischbach-Göslikon und Niederwil, den vier Leute vor nicht allzu langer Zeit angelegt haben.


