Die Römer AG hat die Firma Müller Recycling übernommen

Friedlicher Zusammenschluss in einer sonst hart umkämpften Branche. Die Wohler Firma Römer AG hat die Angliker Müller Recycling übernommen. Damit kommt zusammen, was einst gemeinsam begann. Für Mitarbeiter und Kunden ändert sich vorerst nichts.

Chregi Hansen

Es war ein Schock für die Familie und das Unternehmen. Letzten Herbst verstarb Urs Saxer, der Inhaber der Müller Recycling, nach kurzer, schwerer Krankheit. «Im August erhielt er die Diagnose, zwei Monate später mussten wir ihn gehen lassen», erzählt Sohn Simon Saxer.

Zusammen mit Schwester Melanie Saxer übernahm er die Leitung des Familienunternehmens. Es waren harte Zeiten für die beiden. «Es ist eine sehr komplexe und schwer umkämpfte Branche, in der es kleine Unternehmen wie wir enorm schwer haben», erklärt Saxer, der zuvor als Chauffeur im Betrieb gearbeitet hat, während seine Schwester gar keine Erfahrungen in der Recyclingbranche hatte. Aber einfach aus der Verantwortung wollten sich die Geschwister nicht schleichen, «denn wir haben eine Verantwortung für unsere Mitarbeiter und Kunden». Zusammen mit der Erbengemeinschaft kam man darum zum Entschluss, das Unternehmen zu verkaufen.

Nicht von sich aus aktiv geworden

Auch Thomas Römer, dem Inhaber der Wohler Römer AG, ging der Tod von Urs Saxer nahe. «Wir waren beruflich zwar Konkurrenten, aber haben uns persönlich immer gut verstanden und geschätzt», erzählt er. Er hat durchaus mitbekommen, dass die Familie Saxer Mühe hatte, den Betrieb weiterzuführen. «Natürlich hatte ich Interesse an einer Übernahme. Aber ich fand es unpassend, aktiv auf die Firma zuzugehen», fährt Römer fort. Als aber die Erbengemeinschaft die Firma zum Verkauf offerierte, da fanden sich die beiden Partner schnell. «Es ist die bestmögliche Lösung für beide Seiten», betonen Saxer und Römer.

Damit schliesst sich ein Kreis. Denn vor über 100 Jahren gründeten die beiden Familien Römer und Müller gemeinsam in Anglikon eine erste Firma. In den 40er-Jahren kam es dann zur Trennung – über die Gründe ist heute nicht mehr viel bekannt. Danach gab es plötzlich zwei benachbarte Unternehmen in Anglikon, die sich um altes Papier und Metall kümmerten, bis die Firma Römer im Jahr 2007 ihre Zelte in Anglikon abbaute und nach Wohlen an die Wilstrasse zog. Jetzt also, rund 80 Jahre nach der damaligen Trennung, finden Römer und Müller wieder zusammen.

«Uns war es sehr wichtig, dass unser Unternehmen in einen Familienbetrieb integriert und nicht einfach von einem Grosskonzern geschluckt wird», betont Saxer. Bei der Römer AG hat er diese Gewähr. Mit rund 40 Mitarbeitern und 100 000 Tonnen Warenumsatz im Jahr gehört die Firma zwar auch zu den grösseren, ist und bleibt aber weiter fest in Familienhand. «Wir haben alle Mitarbeiter übernommen, die das wollten. Dazu auch den Fuhrpark und die Kunden. Für diese ändert sich vorerst gar nichts», erklärt Römer. Auch der Werkhof in Anglikon wird vorerst weiter genutzt, allerdings nur noch als Umschlagplatz. «Gearbeitet wird dort nicht mehr. Das wird die Nachbarn sicher freuen», schmunzelt Römer.

Zukunft des Müller-Areals noch ungewiss

Was mit dem Areal weiter passiert, das ist noch offen. «Unser Betrieb liegt mitten in der Wohnzone. Das führte immer wieder zu Problemen. Die Nutzung durch eine andere Firma ist nicht möglich. Vermutlich wird es später einmal überbaut für Wohnzwecke», schaut Saxer voraus. Wichtiger sei aber vorerst, die Kunden und Mitarbeiter in guten Händen zu wissen. Durch den unerwarteten Tod des Vaters sei das Leben der Familie auf den Kopf gestellt worden. «Es war eine harte, aber auch eine lehrreiche Zeit», schaut er auf die vergangenen Monate zurück. Und er sieht den jetzt erfolgten Verkauf als Chance – Simon Saxer verlässt das Unternehmen und beginnt in Hitzkirch die Ausbildung zum Polizisten. «Das war schon immer ein Traum von mir.»

Übernahme praktisch in Rekordzeit

Thomas Römer ist froh, dass die Übernahme jetzt abgewickelt ist. «Die ganze Integration erfolgte in nur gerade zwei Wochen. Alle Beteiligten haben Vollgas gegeben», lobt er. Bis Ende Jahr werden die Geschäfte noch unter dem Namen Müller fortgeführt, auch die blauen Lastwagen mit dem gelben Schriftzug werden weiterhin auf der Strasse zu sehen sein. Die Müller Recycling hat Verträge mit rund 30 Gemeinden, vor allem in den Bezirken Lenzburg und Bremgarten. Diese müssen nun neu verhandelt werden. «Wir hoffen sehr, dass die Kunden den Wechsel mitmachen. Da wir in den letzten Jahren sehr viel in unseren Betrieb investiert haben, haben sie die Gewissheit, dass sie in guten Händen sind», so der Geschäftsführer.

Mit der Übernahme kann die Firma Römer ihre Marktposition stärken. «Wir sind mittlerweile der grösste Gesamtentsorger des Kantons», berichtet Thomas Römer. Trotzdem will man weiter ein Familienunternehmen bleiben. Mit Reto und Jessica Michel arbeitet die nächste Generation bereits in der Geschäftsleitung mit. «Aus einem tragischen Schicksal ist jetzt etwas Positives entstanden», ist Thomas Römer überzeugt. Dem schliesst sich Simon Saxer an. «Ich bin froh und dankbar für diese Lösung», sagt er.