Die Aargauer Gemeindetagung diskutierte innovative Ansätze für politische Teilhabe
Wie können politische Prozesse in den Gemeinden für die Bevölkerung zugänglicher und attraktiver gestaltet werden? Darüber haben rund 240 Teilnehmende an  ...
 												
			Die Aargauer Gemeindetagung diskutierte innovative Ansätze für politische Teilhabe
Wie können politische Prozesse in den Gemeinden für die Bevölkerung zugänglicher und attraktiver gestaltet werden? Darüber haben rund 240 Teilnehmende an der Gemeindetagung beraten. Eingeladen haben Landammann Dieter Egli und die Gemeindeabteilung des Kantons. Zufallsverfahren, lokale und soziale Medien sowie Grossgruppenkonferenzen standen im Mittelpunkt.
Zu Beginn der Gemeindetagung berichtete Landammann Dieter Egli von seinen persönlichen Erfahrungen mit sozialen Medien und seiner anfänglichen Skepsis. Er hielt sie für überflüssig und oberflächlich. Die Zusammenarbeit mit einer Influencerin, die ein Video über seine Arbeit als Regierungsrat produzierte und damit 50 000 Menschen erreichte, änderte seine Meinung: «Wir müssen in den sozialen Medien präsent sein und über das reden, was wir in der Politik, als Staat, als Gemeinden für unsere Bevölkerung tun», sagte er.
Social Media – eine unterschätzte Chance für Gemeinden
Annette Kielholz, Social-Media-Verantwortliche des Departements Volkswirtschaft und Inneres, plädierte für mehr Präsenz der Gemeinden in den sozialen Medien. Rund 4,5 Stunden nutzen unter 30-Jährige täglich das Handy, von den Aargauer Gemeinden haben nur 31 Prozent überhaupt eine Präsenz auf einer sozialen Plattform. Fehlende Ressourcen seien oft das Haupthindernis, doch schon Low-Budget-Lösungen wie ein Whatsapp-Kanal könnten Informationen aus den Gemeinden direkt aufs Handy bringen. «Wichtig ist, dass Gemeinden auch eine Strategie für ihre Kommunikation via soziale Medien entwickeln – und dass sie junge Erwachsene dabei einbinden», betont Annette Kielholz. Experimentieren sei dabei erwünscht.
Grossgruppenkonferenzen für aktive Mitgestaltung
Wie Bürgerinnen und Bürger vermehrt dazu motiviert werden können, sich politisch zu engagieren, war Thema des Referats von Prof. Dr. Daniel Kübler, Professor für Demokratieforschung und Public Governance an der Universität Zürich. Er stellte sogenannte Bevölkerungsräte vor, bei denen Teilnehmende per Los ausgewählt werden. Solche Verfahren hätten sich laut Kübler vielerorts bewährt, auch in der Schweiz, da sie Kontakt zu Gruppen schaffen, die sich sonst kaum beteiligen.
An Gemeindeversammlungen ist die Beteiligung oft tief, weiss der Fricker Gemeindeschreiber und Präsident Verband Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber Michael Widmer. Bei einer tiefen Beteiligung ist die Legitimität der Entscheide infrage gestellt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Widmer zeigte auf, wie Grossgruppenkonferenzen Stimmberechtigten ermöglichen, sich frühzeitig in Projekte einzubringen. Voraussetzung sei jedoch, dass die Themen ergebnisoffen diskutiert werden können, sonst drohe der Anlass zur Alibiübung zu werden. Um Lokaljournalismus und Gemeindedemokratie ging es im Referat von Paloma Meier-Martino, Regierungssprecherin des Kantons Aargau, und Nadja Rohner, Journalistin und Ressortleiterin bei der «Aargauer Zeitung». Sie betonten die unverzichtbare Rolle unabhängiger Medien. Medienschaffende seien weder Freund noch Feind, sondern erfüllten eine wichtige Funktion im demokratischen System. Die Zusammenarbeit mit den Medien lohne sich für beide Seiten. Zwar sei die Medienvielfalt im Kanton Aargau noch intakt, doch insbesondere kleinere Lokalredaktionen stünden unter Druck der digitalen Transformation. --red